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Die italienische Führungsschicht zwischen
der Auflösung des Habsburgerreichs und
der Entstehung der österreichischen Republik
FRANCESCO CACCAMO
Università degli Studi „G. d'Annunzio“ Chieti-Pescara
Betrachtet man die österreichisch-italienischen Beziehungen näher, so ver-
steht man, wie der kurze und dennoch intensive Zeitraum vom Ersten Welt-
krieg bis zur unmittelbaren Nachkriegszeit eine wichtige Rolle gespielt hat.
Gerade während dieser Zeit gingen jene großen multinationalen und dy-
nastischen Gebilde unter, die seit Jahrhunderten ihre Vormachtstellung in
Mittel- und Osteuropa innehatten, allen voran das Habsburgerreich. An ihre
Stelle traten neue oder gründlich umstrukturierte Staaten, die zwar ihre Le-
gitimierung auf Basis des Selbstbestimmungsrechts der Völker und des Na-
tionalitätsprinzips geltend machten, aber in Wirklichkeit aufgrund von geo-
grafischen, wirtschaftlichen, strategischen und schließlich politischen Über-
legungen strukturiert wurden. Dies traf auch – wenn auch mit zahlreichen
Unterschieden – auf die österreichische Republik beziehungsweise auf die
Republik Deutschösterreich (so lautete die ursprüngliche Bezeichnung, die
aber sehr bald aufgegeben werden musste) zu. In diesem Zusammenhang sah
sich Italien zum ersten Mal mit der „österreichischen Angelegenheit“ kon-
frontiert und musste Stellung beziehen. Dies angesichts der Probleme, die
mit der Festlegung der österreichischen Grenzen zusammenhingen, aber vor
allem in Anbetracht der Ungewissheit aufgrund der schwachen Wirtschafts-
lage Österreichs und der Infragestellung seiner politischen Unabhängigkeit.
Auf diesen letzten Punkt geht vorliegender Beitrag näher ein.
In der Historiografie werden diese Vorbedingungen sehr oft außer Acht
gelassen. Meistens wird davon ausgegangen, dass die italienische Führungs-
schicht bereits in der frühen Nachkriegszeit dem Staat Österreich einen hohen
politischen Stellenwert zuwies und dessen Unabhängigkeit als absolut prio-
Die schwierige Versöhnung
Italien, Österreich und Südtirol im 20. Jahrhundert
- Titel
- Die schwierige Versöhnung
- Untertitel
- Italien, Österreich und Südtirol im 20. Jahrhundert
- Autoren
- Andrea Di Michele
- Andreas Gottsmann
- Luciano Monzali
- Herausgeber
- Karlo Ruzicic-Kessler
- Verlag
- Bozen-Bolzano University Press
- Ort
- Bozen
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-88-6046-173-5
- Abmessungen
- 16.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- 20. Jahrhundert, Österreich, Südtirol, Italien, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918