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Maddalena Guiotto
schaften und der „Casse rurali“, der Gründung der Agrarindustrie-Gewerk-
schaft und der Zunft im Nonstal sowie vom 1898 ins Leben gerufenen Diöze-
sanausschuss der Katholischen Aktion, der all diese Initiativen koordinierte.
De Gasperi schloss seinen Artikel in der „Reichspost“ folgendermaßen:
Jetzt ist eben eine ,Unione politica democratica-cristiana‘ im Entstehen,
eine Art politischer Volksverein auf demokratischer Basis. Es ist eine leichte
Prophezeiung, wenn man behauptet, dass es das erste Mal sein wird, dass
die Christlich-Sozialen mit der ganzen Kraft ihrer Organisation politisch ein-
greifen werden, und die für unsere Heimat verhängnisvolle liberale Ära ihre
Rolle auch politisch ausgespielt haben wird – ja, auch trotz der ihr geleisteten
verspäteten Hilfe des bei uns sehr zerklüfteten sozial-demokratischen Lagers.7
2. Der Student De Gasperi im Wien des
Fin de Siècle
De Gasperis erster direkter und dauerhafter Kontakt zum politischen Umfeld
Österreichs begann 1900, als er nach Wien zog, weil er an der Philosophischen
Fakultät der Universität inskribierte, um deutsche und romanische Philolo-
gie zu studieren. Die Studenten des Trentino studierten damals mehrheitlich
in Innsbruck, Graz und Wien. Nur wenige studierten an Universitäten im
Königreich Italien, da dies teuer war und weil die italienischen Universitäts-
abschlüsse aufgrund mangelnder Anerkennung keine Berufsausübung im
Habsburgerreich zuließen8.
Das Wien, in dem De Gasperi bis 1905 lebte, war das der Jahrhundert-
wende und war bereits von politischer Dekadenz gezeichnet. Es war aber
auch eines der kreativsten Zentren und einer der innovativsten und frucht-
barsten Orte der europäischen Kultur. Die Hauptstadt spiegelte mehr als jede
andere Stadt im Habsburgerreich die vielseitige und multinationale Seele der
7 Alcide Degasperi, Christlich-soziale Arbeit in Italienisch-Südtirol, in: Reichspost (1.
Jänner 1904) 14; nun auch auf Italienisch in: De Gasperi, Scritti e discorsi politici, Bd. I/2
1866–1870.
8 Sergio Benvenuti, De Gasperi e l’ambiente studentesco, in: De Gasperi e il Trentino tra
la fine dell’800 e il primo dopoguerra, hrsg. von Alfredo Canavero, Angelo Moioli (Trento
1985) 237–262; Stefan Malfèr, Studenti italiani a Vienna, Graz e Innsbruck. 1848–1918, in: Il
Politico 3 (1985) 493–508.
Die schwierige Versöhnung
Italien, Österreich und Südtirol im 20. Jahrhundert
- Titel
- Die schwierige Versöhnung
- Untertitel
- Italien, Österreich und Südtirol im 20. Jahrhundert
- Autoren
- Andrea Di Michele
- Andreas Gottsmann
- Luciano Monzali
- Herausgeber
- Karlo Ruzicic-Kessler
- Verlag
- Bozen-Bolzano University Press
- Ort
- Bozen
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-88-6046-173-5
- Abmessungen
- 16.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- 20. Jahrhundert, Österreich, Südtirol, Italien, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918