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Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Seite - 72 -
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Seite - 72 - in Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1

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72 Das Ordnungsgeflecht in österreichischen Spitälern in der Frühen Neuzeit weise auf die Publikation der Ordnung, wenn es heißt, dass der Ordnung pflichtschul- dig „nachgelebt“ werden soll. Die Spitalordnungen regelten an vorderer Stelle die Anspruchsberechtigten, die für einen Spitalplatz in Frage kamen. In den deutschen Erbländern der Habsburgermonar- chie und im Erzstift Salzburg kam nach der Gegenreformation vor allem in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts dem „rechten“ Glauben entscheidende Bedeutung zu. Im salzburgischen Bürgerspital von Laufen am Inn steht an erster Stelle der um 1618 verfass- ten Spitalordnung: Erstlich solle alle die jenige persohnen, welche in diß spitall eingenommen werden, burger und aines christlichen catholischen glaubens sein350. Meist argumentierten die Ordnungen aber nicht explizit mit dem römisch-katholischen Glauben, sondern all- gemeiner. Potenziellen Spitalinsassen hatten gottsförchting, fromb unnd erbar351 zu sein, einen ehrbaren frommen lebenswandel352 aufzuweisen und mussten im stand der gnaden353 (fromm und christliches leben) leben. Die Aufnahme in ein Spital der Vormoderne stellte aufgrund der geringen Platzkapazitäten der Spitäler ein stark limitiertes Privileg dar, wes- halb viele Spitalordnungen den Kreis der Anspruchsberechtigten einleitend einschränk- ten: Die Ordnung des Bürgerspital in Steyr spricht als Inklusionsstrategie354 1757 explizit von den alhiesigen erarmten burgers leith und den alhiesig arme[n] burgers kinder355. Die eigenen alten Stadtbewohner vor den Fremden zu versorgen, war im Sinne des „gemei- nen Nutzens“ Leitprinzip frühneuzeitlicher Spitäler. Bei Herrschaftsspitälern erweiterte man den Kreis der Anspruchsberechtigten auch auf die Bewohner der adeligen/geistlichen Grundherrschaft: Akzeptiert wurden im Bürgerspital Gutau 1756 neben den alt erlebeten und unvermöglichen burgern auch die derley eigenen unterthannen356. Die meisten Spital- ordnungen legten ihren Schwerpunkt auf die Bedürftigkeit der Pflegstellenwerber und machten die impliziten Exklusionsstrategien nicht deutlich: Personen mussten arm, dürff- tig, alt, schwach oder sonst prechhafft […], also das sye ir nahrung selbs nit mehr gewünen mö- gen357, sein. Neben die spitalinkludierenden Kriterien des Alters, der Leibschwäche und der Armut traten auch die besondere[n] verdienste, auf welche ein zeitliche vogtherrschaft zu regardiren gedenket358. Generell wurde von den Spitalinsassen erwartet, auf die Werke der Barmherzigkeit mit der dankbarkeit der armen359 zu reagieren. Die österreichischen Spitalordnungen der Frühen Neuzeit strukturieren sich thema- tisch in mehrere Felder: Neben der auf das Haus bezogenen Hausordnung gab es eine weltliche und geistliche Tagesordnung; fallweise inserierte man in die Spitalordnungen auch noch bzw. erließ Speiseordnungen und Instruktionen (etwa für den Spitalverwalter). 350 Edition Nr. 27, 1 [1618] , S. 555. 351 Edition Nr. 89, 1, S. 752. 352 Edition Nr. 38, 1, S. 593. 353 Edition Nr. 127, 1, S. 888. 354 Zur Anwendung des Konzeptes von Inklusion/Exklusion etwa Arme und ihre Lebensperspektive. 355 Edition Nr. 113, 3, S. 843f. 356 Edition Nr. 80, 3, S. 729. 357 Edition Nr. 27, 2 [1618] , S. 555; Edition Nr. 54, 1, S. 662: erarmte, preßhaffte unterthannen oder hausbediente. 358 Edition Nr. 90, 1 [1762] , S. 754. 359 Edition Nr. 125, 2, S. 880.
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Spital als Lebensform Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Spital als Lebensform
Untertitel
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
Band
1
Autoren
Martin Scheutz
Alfred Stefan Weiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79639-8
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorie
Medizin
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