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Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Seite - 75 -
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Seite - 75 - in Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1

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6. Zur vorliegenden Edition 75 dem geistlichen Haus versagt: solle sich keine mannsperson in abseitigen verdächtigen orten oder in ihrem kämmerln bey einer weibsperson sich antreffen lassen394. Für den Betrieb eines frühneuzeitlichen Spitals – zumal angesichts der kleinen Dimensionen der Bürgerspitä- ler – erschien die Mitarbeit der Spitalinsassen unerlässlich, doch lässt sich die Arbeit im Spital auch nach religiösen und moralischen Kategorien interpretieren395: Das Verhältnis von Leibeskräften und Arbeitspotenzial wird in Relation gebracht. Zu denen fürfallenden hausarbeiten muessen sich alle und jede nach ihren kräfften auf anordnung des betvatters ge- brauchen lassen; darzu aber niemand über seine kräfften, noch dass er die arbeit durch andere verrichten lassen und diese darvor bezahlen sollen, anzuhalten seyn wirde396. Um die Zeit nicht in dem Müssiggang zubringen / sollen sie sich der Arbeit / welche selbe zu verrichten fähig seynd keines Weegs entschitten / sonderen jene Arbeithen / so ihnen der Hauß-Vatter- oder Hauß-Mutter anschaffen oder vorgeben wird / auf jedesmahliges Begehren und Befelch gehor- sammlich verrichten397. Die noch arbeitsfähigen Spitalinsassen durften sich der häuslichen Arbeit (etwa Holzschneiden, Wasser- und Holztragen), solange sie körperlich dazu im Stande waren, nicht entschlagen398. Betteln als Form der barmherzigen Arbeit war verbo- ten399, aber viele Spitäler hatten dagegen einen oder mehrere Opferstöcke („Büchsengel- der“) beim Spital bzw. auch im Rechtsraum der Stadt (Burgfried) zur Finanzierung des Spitals aufgestellt400. Immer wieder schenkte man dem Spital Speisen, die vom Hausvater gerecht aufgeteilt werden sollten401. Auch Geldsammlungen für das Spital im Rechtsraum der Stadt fanden immer wieder statt402. Mitunter konnten die Spitalinsassen auch auf eigene Rechnung Arbeiten verrichten403, was immer wieder zu Konflikten mit den städti- schen Handwerkern führte. Als saisonale Belastungsspitze galt auch im Spital die Erntear- beit, wo die Spitalbewohner für den Grundherrn Robotarbeit versehen mussten404. Die vermutlich wichtigste Arbeit der Spitalbewohner stellte aber der Pflegedienst dar. Arbeit als Ordnungsfaktor im Haus und als Distinktionsfaktor von kranken und gesunden In- sassen wird in den Spitalordnungen thematisiert. Aufgrund des kaum vorhandenen Perso- nals mussten die „gesunden“ die kranken Insassen aus lieb und barmherzigkheit405 pflegen. Begebete / daß ein oder anderer auß ihnen Armen wegen Leibs Schwachheit oder Gebrechlich- keit nicht allein ringerer Arbeith nicht mehr vorstehen könnte / sonderen auch vor ihre eigene Persohn eine Wartung und Zuraichung nöthig habe / sollen ihnen die anderen / welche GOtt biß anhero noch bey besseren Kräften erhalten / darumben nicht hässig seyn / sonderen sie auß Liebe des Nächsten gutwillig übertragen helffen / ihnen auch beystehen406. Selten nahmen die Spitalleitungen bei Schwerkranken eine eigene Krankenwärterin auf. Lediglich im Not- niemand, der nicht erhebliche und dem spittelreichter beygebrachte ursach hat, aus- oder eingelassen werden, ebd. 125, 11, S. 882f. 394 Edition Nr. 90, 3.3, S. 756. 395 Ehmer–Saurer, Arbeit Sp. 509f. 396 Edition Nr. 144, 13, S. 934. 397 Edition Nr. 55, 7, S. 667. 398 Edition Nr. 38, 6, S. 593. 399 Edition Nr. 125, 5; Edition Nr. 144, 16, S. 934; 192, 6, S. 1067. 400 Als Beispiel für einen Opferstock am Haus: Edition Nr. 27, 12, S. 556. 401 Edition Nr. 55, 9, S. 667. 402 Edition Nr. 113, 6, S. 845. 403 Edition Nr. 144, 6, S. 933. 404 Edition Nr. 125, 6, S. 674. 405 Edition Nr. 28, 12, S. 558. 406 Edition Nr. 55, 8, S. 667.
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Spital als Lebensform Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Spital als Lebensform
Untertitel
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
Band
1
Autoren
Martin Scheutz
Alfred Stefan Weiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79639-8
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorie
Medizin
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