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Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
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98 Kommentare und badstuben bey den armen leuthen haus“ angebaut, die den Lebensstandard der Er- krankten vermutlich doch verbessert haben dürfte. Als Dank für die Unterkunft und die Nahrung hatten die kinder am Morgen und am Abend wie auch in anderen Hospitälern andächtig „ain patter noster, ain ave maria unnd ain globen“ [Glaubensbekenntnis] zu beten7. Die Insassenzahl dürfte nur selten mehr als zehn Personen betragen haben, so dass eine Magd durchaus allein mit den ihr übertragenen Aufgabenbereichen zurechtkommen konnte. Im Jahr 1615 lebten, um ein Beispiel herauszugreifen, acht, gelegentlich neun Frauen und Männer im Siechenhaus. Bregenz zählte zu dieser Zeit knapp 1.580 Einwoh- ner und erlebte einen temporären Höhepunkt in seiner Entwicklung, denn die Bevölke- rungszahl sank bis 1754 auf 1.117 Menschen8. Die Magd war dem Siechenpfleger rechenschaftspflichtig, der ihr den Lohn ausbe- zahlte und sie auch einstellte und wieder entlassen konnte. Der Pfleger, der als eigent- licher Verwalter fungierte und überdies für die Rechnungslegung zuständig war, hatte die Einnahmen und Ausgaben der karitativen Institution sorgfältig zu prüfen sowie den Pfründnern ihr Wochengeld termingerecht auszubezahlen. Ihm oblag die wichtige Auf- gabe, die Leprosen aufzunehmen und mit den Verwandten über die ordentliche Bezah- lung der Pfründe zu verhandeln. Außerdem fungierte er als rechtlicher Vertreter des Hau- ses. Seine Tätigkeit wurde wiederum vom Stadtamman und Rat kontrolliert. Wollten die Kranken eine Beschwerde oder ein Anliegen vorbringen, mussten sie sich zunächst an den Pfleger wenden, der bei den städtischen Gremien als ihr Fürsprecher und Vertreter amtierte. Erst im 18. Jahrhundert verlor dieses Amt aufgrund von Misswirtschaft und verschärfter (staatlicher) Kontrollen deutlich an Ansehen9. Um der Anstalt die finanzielle Basis zu sichern, war bereits im 14. Jahrhundert die so genannte Leprosenstiftung geschaffen worden, die sich durch Zuwendungen der Grafen von Montfort, der Stadt Bregenz sowie reicher Bürger und Adeliger speiste10. Von wesent- licher Bedeutung waren ferner das Eigentum der Siechen und ihre Hinterlassenschaften. Konnte sich ein Leproser nicht in eine Pfründe einkaufen, mussten Freunde, Verwandte oder der Heimatort Beihilfe leisten. Wie die Stadt Bregenz 1575 beklagte, ließen sich jedoch manche Erkrankte erst dann beschauen, nachdem sie ihre wahren Vermögensver- hältnisse geschickt verschleiert hatten, um ihren Verwandten nicht ihr Erbteil zu nehmen. Da sich um 1600 nur mehr Arme um die Aufnahme in das kleine Hospital bemühten, entstand ein deutliches Defizit, das durch das Stammkapital ersetzt werden musste. Die Siechen hatten unter Sparmaßnahmen zu leiden, gegen die sie 1614 erfolgreich Klage führten. Die sieben Gerichte Hofstaig, Lingenau, Alberschwende, Sulzberg, Grünenbach, Simmerberg und Hofrieden, die an der gemeinsamen Leprosenstiftung beteiligt waren, plädierten schließlich für den Bau eines eigenen Landleprosenhauses und die Offenlegung der siechenpfleg raitung der zurückliegenden 40 Jahre. Der am 18. Juli 1614 ausverhan- delte Teilungsvertrag bestimmte, dass die sieben Gerichte durch das neue Sondersiechen- haus ihre Rechte an der alten Herberge verloren, sie durften jedoch in unmittelbarer Nähe ein neues Gebäude aufrichten. Das Begräbnisrecht am Friedhof und das Recht, weiterhin 7 Burtscher, Sondersieche 45, 60. 8 Ebd. 46; Klein, Bevölkerung Vorarlbergs 71f. 9 Burtscher, Sondersieche 46f. 10 ALB, Historische Akten 397/IV d, Spitalsstiftungen; Volaucnik, Bregenzer Armenfürsorge 252; Scheutz–Weiss, Spitäler 198f.
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Spital als Lebensform Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Spital als Lebensform
Untertitel
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
Band
1
Autoren
Martin Scheutz
Alfred Stefan Weiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79639-8
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorie
Medizin
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