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und badstuben bey den armen leuthen haus“ angebaut, die den Lebensstandard der Er-
krankten vermutlich doch verbessert haben dürfte. Als Dank für die Unterkunft und die
Nahrung hatten die kinder am Morgen und am Abend wie auch in anderen Hospitälern
andächtig „ain patter noster, ain ave maria unnd ain globen“ [Glaubensbekenntnis] zu
beten7.
Die Insassenzahl dürfte nur selten mehr als zehn Personen betragen haben, so dass
eine Magd durchaus allein mit den ihr übertragenen Aufgabenbereichen zurechtkommen
konnte. Im Jahr 1615 lebten, um ein Beispiel herauszugreifen, acht, gelegentlich neun
Frauen und Männer im Siechenhaus. Bregenz zählte zu dieser Zeit knapp 1.580 Einwoh-
ner und erlebte einen temporären Höhepunkt in seiner Entwicklung, denn die Bevölke-
rungszahl sank bis 1754 auf 1.117 Menschen8.
Die Magd war dem Siechenpfleger rechenschaftspflichtig, der ihr den Lohn ausbe-
zahlte und sie auch einstellte und wieder entlassen konnte. Der Pfleger, der als eigent-
licher Verwalter fungierte und überdies für die Rechnungslegung zuständig war, hatte
die Einnahmen und Ausgaben der karitativen Institution sorgfältig zu prüfen sowie den
Pfründnern ihr Wochengeld termingerecht auszubezahlen. Ihm oblag die wichtige Auf-
gabe, die Leprosen aufzunehmen und mit den Verwandten über die ordentliche Bezah-
lung der Pfründe zu verhandeln. Außerdem fungierte er als rechtlicher Vertreter des Hau-
ses. Seine Tätigkeit wurde wiederum vom Stadtamman und Rat kontrolliert. Wollten die
Kranken eine Beschwerde oder ein Anliegen vorbringen, mussten sie sich zunächst an
den Pfleger wenden, der bei den städtischen Gremien als ihr Fürsprecher und Vertreter
amtierte. Erst im 18. Jahrhundert verlor dieses Amt aufgrund von Misswirtschaft und
verschärfter (staatlicher) Kontrollen deutlich an Ansehen9.
Um der Anstalt die finanzielle Basis zu sichern, war bereits im 14. Jahrhundert die so
genannte Leprosenstiftung geschaffen worden, die sich durch Zuwendungen der Grafen
von Montfort, der Stadt Bregenz sowie reicher Bürger und Adeliger speiste10. Von wesent-
licher Bedeutung waren ferner das Eigentum der Siechen und ihre Hinterlassenschaften.
Konnte sich ein Leproser nicht in eine Pfründe einkaufen, mussten Freunde, Verwandte
oder der Heimatort Beihilfe leisten. Wie die Stadt Bregenz 1575 beklagte, ließen sich
jedoch manche Erkrankte erst dann beschauen, nachdem sie ihre wahren Vermögensver-
hältnisse geschickt verschleiert hatten, um ihren Verwandten nicht ihr Erbteil zu nehmen.
Da sich um 1600 nur mehr Arme um die Aufnahme in das kleine Hospital bemühten,
entstand ein deutliches Defizit, das durch das Stammkapital ersetzt werden musste. Die
Siechen hatten unter Sparmaßnahmen zu leiden, gegen die sie 1614 erfolgreich Klage
führten. Die sieben Gerichte Hofstaig, Lingenau, Alberschwende, Sulzberg, Grünenbach,
Simmerberg und Hofrieden, die an der gemeinsamen Leprosenstiftung beteiligt waren,
plädierten schließlich für den Bau eines eigenen Landleprosenhauses und die Offenlegung
der siechenpfleg raitung der zurückliegenden 40 Jahre. Der am 18. Juli 1614 ausverhan-
delte Teilungsvertrag bestimmte, dass die sieben Gerichte durch das neue Sondersiechen-
haus ihre Rechte an der alten Herberge verloren, sie durften jedoch in unmittelbarer Nähe
ein neues Gebäude aufrichten. Das Begräbnisrecht am Friedhof und das Recht, weiterhin
7 Burtscher, Sondersieche 45, 60.
8 Ebd. 46; Klein, Bevölkerung Vorarlbergs 71f.
9 Burtscher, Sondersieche 46f.
10 ALB, Historische Akten 397/IV d, Spitalsstiftungen; Volaucnik, Bregenzer Armenfürsorge 252;
Scheutz–Weiss, Spitäler 198f.
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Spital als Lebensform
- Untertitel
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Medizin