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Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
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II.2 Vorarlberg: Bregenz – Leprosenhaus (Kommentar Nr. 18) 99 die Kapelle für gottesdienstliche Zwecke nützen zu dürfen, blieben davon unberührt. Der Brunnen sollte von beiden Häusern gemeinschaftlich genutzt werden. An Kapitalver- mögen hatte das Bregenzer Siechenhaus 5.000 Pfund Pfennig in Form von Zinsbriefen an die sieben Gerichte abzugeben11. Interessant liest sich besonders jene Vertragsbestimmung, die den Kranken ein- schärfte, die Kleidungsvorschriften genauer zu beobachten (Punkt 9). Auch in Bregenz hatten die Siechen einen langen schwarzen Mantel und einen breitkrempigen Hut zu tragen sowie eine Klapper (klaffen) mitzuführen, um rechtzeitig auf sich aufmerksam zu machen. Es wurde geklagt, dass sich die armen sondersiechen von stadt und land bis hero in ihren kleydungen anderen gesunden persohnen gleich, und gemeinß erzeigt, und dardurch sich allenthalben bey den gesunden nicht ohne gewisse gefahr, und verlezung derselben einge- schleicht, bey ihnen aus- und eingegangen, mit ihnen geessen und getruncken haben, welches aber nicht seyn, noch geschehen solle […]12. Im September des folgenden Jahres wurden die Siechen in Beantwortung einer Supplikation sogar barsch zurechtgewiesen, indem der Stadtrat festhalten ließ, weil sie [die armen Leprosen] wol wüssen, daß yberall verbotten, auch bey innen mermals abgeschafft worden, sich mit und die gesunden zuvermischen, vil we- niger dieselben gar in das siechen haus einzulassen und yber nacht zu beherbergen […]13. Ob diese Bestimmung auch als Verschärfung der Ordnung zu interpretieren ist, sei dahinge- stellt, denn zumindest war es 1565 noch erlaubt, dass ein Siecher beim Haus Freunde und damit vermutlich auch Verwandte mit Wein bewirten durfte (Punkt 4)14. Nach dem endgültigen Erlöschen der Lepra im mitteleuropäischen Raum spätestens zu Beginn des 18. Jahrhunderts verlor auch das Bregenzer Leprosorium seine ursprüng- liche Bestimmung. Um 1750 wurde die Anstalt zwar als Arme-Leute-Spital bezeichnet, stellte aber weiterhin Wohnplätze für Menschen zur Verfügung, die aufgrund ihrer anste- ckenden und unheilbaren Krankheiten aus der Gesellschaft exkludiert wurden15. Noch in den Statuten des 1614 abgetrennten Landleprosoriums hielten die Verantwortlichen im Jahr 1831 am Sprachgebrauch Leprosorium fest, obwohl es sich nunmehr eher um eine „Isolierstation“ handelte16. Vermutlich aus Ersparnisgründen und zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes sollten die Kranken im Stadtspital und im Stadtleprosorium in ähnlicher Weise versorgt werden17. Die Verwaltung der beiden Häuser geschah in Per- sonalunion18 – eine tatsächliche Zusammenlegung blieb jedoch Wunschdenken19 –, le- diglich die Tätigkeit des Hausmeisters musste von zwei Personen ausgeübt werden. Die 11 Gmeiner, Bregenzer Krankenanstalten 67; Volaucnik, Bregenzer Armenfürsorge 247f.; Burt- scher, Sondersieche 50f., 59f., 62; ALB, Historische Akten 703 Nr. 19, Kopie des Teilungsvertrags zwischen der Stadt Bregenz und den sieben Gerichten, 1614 Juli 19. 12 ALB, Historische Akten 703 o. Nr., Separation des Leprosenhauses (Kopie der Vertragsurkunde), 1614 Juli 18; Gmeiner, Bregenzer Krankenanstalten 67f.; Burtscher, Sondersieche 62f. 13 ALB, Historische Akten 703 o. Nr., Beantwortung einer Supplikation der armen Leprosen im un- teren Siechenhaus zu Bregenz (Entwurf), 1615 September. 14 Burtscher, Sondersieche 65. 15 Ebd. 68; Volaucnik, Bregenzer Armenfürsorge 250f.; Egger, Ausgrenzen 38; Wanner, Medizin 28. 16 ALB, Historische Akten 703 o. Nr.; VLA, Landleprosenhaus, Sch. 1, Nr. 7, Statuten der Landlep- rosen-Anstalt, 1831 April 17, § 1. 17 ALB, Historische Akten 397/IV d, Speisezettel für die im hiesigen Stadtspitale und Stadtleproso- rium befindlichen Pfründner und Kranke, 1830 Oktober 18. 18 ALB, Historische Akten 397/IV d, Dienstes-Instruktion für den Verwalter des Stadtspitals und Stadtle- prosenhauses zu Bregenz, 1830 Dezember 18. 19 Gmeiner, Bregenzer Krankenanstalten 68.
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Spital als Lebensform Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Spital als Lebensform
Untertitel
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
Band
1
Autoren
Martin Scheutz
Alfred Stefan Weiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79639-8
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorie
Medizin
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