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Mitbewohnerin geschlafen und er war ganz bloß und nackhet, von der Sällingerin ligerstatt,
gehent, erwischt worden16 – dürfte auch in der Stadt bekannt geworden sein.
Knapp siebzig Jahre nach der ersten urkundlichen Erwähnung des Siechenhauses
kaufte der Mühldorfer Stadtrat vom Ehepaar Lienhart und Ursula Türndl deren Haus
und Hofstatt in der Vorstadt bei der Innbrücke, um dort ein Seelhaus für arme und be-
dürftige Frauen und Männer zu errichten. Nur ein Jahr später konnte ein angrenzen-
des Grundstück erworben werden, um damit den Grundstein für das Bürgerspital in
Mühldorf zu legen, das erstmalig in den Quellen im Jahr 1477 als Heiligen-Geist-Spital
aufscheint17. Mit der zusätzlichen Einrichtung des Bruderhauses 1563 wandelte sich der
ursprüngliche Charakter des Bürgerspitals vom Armenhaus zum Altenheim (Pfründner-
anstalt) für bemittelte Mühldorfer Bürger. Mit Zustimmung des Salzburger Erzbischofs
hatte der Stadtrat am 24. Dezember 1560 ein Haus des Salzburger Domkapitels, das sich
beim Kirchhof befand, angekauft, darmit die hausarmen und brechenhafftigen personen,
so in die spital neben den gesunden nit eingelassen werdenn, besonder[s] auch (im faall ster-
bender läuff) die jhenigen so es notturfftig sein wurden, darin unndergebracht und erhalten
möchten werden18. Um 1800 wurden – folgt man den Angaben des Aufklärers und Topo-
graphen Lorenz Hübner – in den drei städtischen Versorgungseinrichtungen insgesamt
27 Frauen und Männer dauerhaft verpflegt; dies entsprach bei einer Einwohnerzahl von
1.300 Personen knapp über zwei Prozent der Wohnbevölkerung19.
16 StA Mühldorf a. Inn, Abgabe Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Hochstiftsliteralien Salz-
burg 989, Acta, das Spital-, Bruder- und Leprosenhaus zu Mühldorf betr. 1560–1799, pag. 59–62, 1692 Juli.
17 Da hier nur eine kurze Erörterung der Geschichte des Heiligen-Geist-Spitals in Mühldorf möglich ist,
folgt sie der ausführlichen und archivalisch am besten recherchierten Darstellung: Hamberger, Heiliggeistspital.
18 StA Mühldorf a. Inn, Abgabe Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Hochstiftsliteralien Salzburg 989, Ab-
schrift, 1560 Dezember 24.
19 Hübner, Beschreibung 1 42, 45; Hamberger, Heiliggeistspital 12.
Abb. 8: Mühldorf am Inn; Bürgerspital (Heilig-Geist-Spital; Spitalgasse 11), Rückansicht (erbaut 1717) (Foto:
Alfred Stefan Weiß, 2012).
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Spital als Lebensform
- Untertitel
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Medizin