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Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Seite - 117 -
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Seite - 117 - in Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1

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IV.2 Salzburg: Mühldorf/Inn – Bürgerspital und Bruderhaus (Kommentar Nr. 28–30) 117 Zum positiven Gedeihen des Bürgerspitals trugen der frühe Erwerb einer eigenen Landwirtschaft mit großem Grundbesitz und die Übertragung von Kapitalien bei – die Anstalt fungierte auch als frühe Bank20. Der Nürnberger Ratsherr Martin Liebhard, der aus Mühldorf stammte, vermachte dem Stadtrat bereits am 20. November 1477 eine Summe von 2.600 fl. in Gold, um damit sechs Hausarmen eine Wohnmöglichkeit im neuen Hospital bieten zu können. In der neu capellen sollte ein eigens angestellter Kaplan, dessen Pflichten erst im Jahr 1610 mit der Gründung des Kollegiatstifts Mühldorf dem Dekan übertragen wurden, sechs Mal pro Woche für den Stifter und seine Verwandten die heilige Messe lesen, zu deren Besuch die Pfründner verpflichtet waren. Knapp einhun- dert Jahre später, 1574, bestimmte Sabine von Chaldes, in zweiter Ehe mit Pilgrim von Chaldes, hochfürstlichem Rat und salzburgischem Pfleger zu Staufenegg, verheiratet, das Heiligen-Geist-Spital zu ihrem Universalerben. Sie vermachte den Edelsitz Hohenthann, bestehend aus einem ganzen Hof und zwei Sölden, der Anstalt, doch musste ihr Testa- ment nach ihrem Tod zwischen ihrem noch lebenden Ehemann, ihren Verwandten und den beiden Hospitalmeistern im Juli 1587 per Vergleich vollzogen werden. Als weitere bedeutende Stiftung sei das Vermächtnis des Gastwirtes Christoph Aspacher angeführt, der dem Hospital im März 1635 zwei Häuser, mehrere Grundstücke und Bargeld über- trug. Da seine Ehefrau und seine Verwandten ebenfalls das Testament anfochten, schlos- sen sich nach seinem Tod langwierige Verhandlungen an, die erst 1659 abgeschlossen werden konnten21. In die jeweiligen Verhandlungen waren die beiden Hospitalmeister, jeweils angesehene Bürger der Stadt, einbezogen, deren Aufgaben schon durch die Stadt- ordnung des Erzbischofs Matthäus Lang 1522 kollegial geregelt wurden. Wer als arm anzusehen war, erfuhr keine Erläuterung im Rahmen der Ordnung, doch erachtete es der Stadtherr für unumgänglich, die Hauptverantwortlichen für das Spital auf eine sparsame Wirtschaftsführung zu verpflichten, um künftig weitere Arme in das Haus aufnehmen zu können22. Knapp 240 Jahre nach der Gründung des Heiligen-Geist-Spitals musste das Pfleg- gericht Mühldorf im Rahmen der Visitationen einräumen, dass sich der Bauzustand des Hauses und der Wirtschaftsgebäude dramatisch verschlechtert hatte, ein Zustand, der sich mit bloßen Reparaturmaßnahmen nicht mehr beheben ließ. Aus diesem Grund bat man Ende des Jahres 1714 das Salzburger Konsistorium, den Salzburger Hofzimmermeis- ter nach Mühldorf zu entsenden, um einen entsprechenden Bauplan und den nötigen Kostenvoranschlag für den dringend notwendigen Neubau zu verfertigen. Die ansässigen Handwerker wurden von der Planung ausgeschlossen, da die Regionalbehörde ihre Zu- verlässigkeit und ihre beruflichen Fähigkeiten in Zweifel zog. Die positive Antwort des Konsistoriums zog sich – den Regeln und Usancen sowie der chronischen Geldnot des frühneuzeitlichen Staates folgend – in die Länge, so dass in Mühldorf bereits der Einsturz des Spitals befürchtet wurde. Erst nach längeren Verhandlungen wurde am 16. April 1716 die Genehmigung erteilt, das Spital mit einem Kostenaufwand in der Höhe von 8.051 fl. neu zu errichten. Zusätzlich zum Haupthaus konnten auch noch neue Ställe für die Kühe sowie Pferde erbaut werden. Eine Tafel oberhalb des Eingangs des heutigen Seniorenhei- 20 Angermeier, Mühldorf 53. 21 Hamberger, Heiliggeistspital 13–17; Gollwitzer, Heiliggeistspital 89–95; Bauer, Geschichte Nrn. 37–38. 22 StA Mühldorf a. Inn, B 4, Stadtordnung 1522–1602, fol. 8r–v. Die spithalmaister sollten für ihr Amt geschickht unnd täuglich sein; Urzinger, Stadtordnung 13; Veits-Falk, Armenfürsorge 67f.; Hermann, Mühldorfer Stadtrecht 36–47, 303f.; Hamberger, Heiliggeistspital 19f.
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Spital als Lebensform Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Spital als Lebensform
Untertitel
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
Band
1
Autoren
Martin Scheutz
Alfred Stefan Weiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79639-8
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorie
Medizin
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