Seite - 176 - in Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
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sollten die Pflichten Parteders geregelt werden, wobei bereits anfänglich darauf hingewie-
sen wurde, dass niemand dem Spital Vermögenswerte entziehen durfte. Der Spitalmeis-
ter musste ein wachsames auge auf die Dienstleute haben und die Gebetsverpflichtungen
der Armen für die Stifter und die Habsburger sehr genau überprüfen. Man wünschte
behördlicherseits Friede und Eintracht im Haus, die nach den erwähnten Regulen und
Satzungen von 1731 gelebt werden sollten. Parteder hatte das Spitaltor zu sperren, die
Spitalbewohner nur mit speciallicenz außer Haus zu lassen – das Hospital war bisweilen
doch ein sehr abgeschlossener Raum –, den Insassen Arbeiten zu übertragen, die Aus-
teilung der Naturalportionen zu überwachen, die Krankenversorgung zu gewährleisten,
beim Tod eines Insassen die Hofkommission zu verständigen, die Aufnahme neuer Kan-
didaten/innen in Zusammenarbeit mit der vorgesetzten Behörde vorzunehmen, sich als
unbestechlich zu erweisen, ein Einschreibbuch zu führen, den Bauzustand des Hauses
regelmäßig zu überprüfen, die Bearbeitung der Grundstücke mit Angestellten vornehmen
zu lassen und die jährlichen Rechnungen zu legen20. Parteder und seine Ehefrau sollten
überdies die Forderung nach saubrigkeit im Spital realisieren, bei älteren, schwerkranken
und blödsinnigen Hausbewohnern/innen eine nicht leicht zu lösende Aufgabe. Um diesem
Gebot besser nachkommen zu können, erfolgte durch den Marktrichter eine Anfrage an
die Hofkommission, ob nicht ein „geheimer Ort“ im Spital eingerichtet werden könne,
da sich die Abtritte immerhin 30 Schritte außerhalb des Gebäudes befanden. Hatten zwar
die Dienstboten damit keine Probleme, so führte dies aber bei den älteren und behinder-
ten Hausbewohnern zu Schwierigkeiten und zu „eckelhafter Unsauberkait“. Drei Abtritte
mit zwei bis drei gemächern inklusive einer Senkgrube sollten möglichst rasch gebaut wer-
den, wobei sich der Kostenvoranschlag auf knapp über 156 fl. belief21.
Nach jahrelanger zögerlicher Diskussion gelang auch die neue Festschreibung des
wöchentlichen Speiseplans im Jahr 1757 (Edition Nr. 53, S. 659–661). Wie der Markt-
schreiber Karl Joseph Schulling Ende Oktober 1754 festhielt, war das Spital, in dem nur
mehr 19 armseligte leuthe lebten, sehr genau untersucht und schwerwiegende Mängel
hinsichtlich der Verpflegung der Armen und Dienstboten festgestellt worden22. Nach-
dem sich scheinbar eine unparteiische Kommission zur Prüfung aller Mängel gebildet
hatte, berichtete Bergrat Eberhard Michael Fichtl am 14. März des folgenden Jahrs nach
Befragung des Spitalmeisters und des Meierehepaars an die Hofkommission, es werde
am Montag lediglich Suppe und Kraut gereicht. Diese Speisen waren vor allem für die
Feld- und Holzarbeiter sowie für die Kranken bei weitem nicht ausreichend23. Nachdem
der bereits erwähnte Karl Häckl dem Spital 2.000 fl. vermacht hatte, konnte im Som-
mer 1757 ernsthaft daran gedacht werden, die Kost dauerhaft zu verbessern. Der in Graz
tätige Buchhalter Johann Sebastian Sebner errechnete, dass die Zinsen für 20 Personen
hinreichend wären und somit als ein numerus fixus in futurum statuiret werden sollten24.
Die schlechte Verpflegung resultierte nach frühneuzeitlichem Verständnis aus zu wenigen
20 Ebd. K. 121, Nr. 288, fol. 231r–239v, Instruktion für den Spitalmeister des Bürgerspitals in Eisenerz
(Abschrift), 1763 Juni 20.
21 Ebd. Nr. 297, Buchhalter Johann Sebastian Sebner an die Hofkommission, 1763 November 16;
Kloibhofer, Bürgerspital 115.
22 StLA, Weltliche Stiftungsakten 22, K. 119, Nr. 182, Bericht des Markt- und Landgerichtschreibers
Karl Joseph Schulling in Innerberg, 1754 Oktober 10.
23 Ebd. Eberhard Michael Fichtl an die Hofkommission, 1755 März 14.
24 Ebd. K. 120, Nr. 200, Buchhalter Johann Sebastian Sebner an die Landessicherheitshofkommis-
sion, 1757 Juli 22.
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Spital als Lebensform
- Untertitel
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Medizin