Seite - 178 - in Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Bild der Seite - 178 -
Text der Seite - 178 -
178 Kommentare
Üblicherweise bleiben die Armen in der Vormoderne gesichts- und geschichtslos; sie
wurden nur aktenkundig bei den Visitationen des Hauses und der damit verbundenen
Beschreibung der Hausinsassen. Bisweilen existierte zusätzlich ein Aufnahmebuch, die
Menschen blieben jedoch eine Variable im Hausleben, ein – hoffentlich – trauriger An-
lassfall bei ihrem Ableben, der sich ebenfalls in den Quellen widerspiegelt. Waren die
wenigen Pfennige, die hinterlassen wurden, von Interesse für die Hinterbliebenen und
für die Bezahlung der Seelenmessen, so konnte man die restliche Habe, vor allem das
Gewand der kranken Frauen und Männer, üblicherweise nicht verkaufen, da sich poten-
zielle Käufer davor ekelten. Dem Hospitalmeister blieb lediglich die Möglichkeit, die ab-
genützte Kleidung an die engsten Freunde des/der Verstorbenen zu schenken, die seinen/
ihren Tod erleichtert hatten31.
Bis Mitte der 1990er Jahre wurde das Gebäude für sozialkaritative Zwecke genützt.
War noch im Jahr 1906 die allgemeine Spitalordnung von 1731 in Gültigkeit (!), so be-
gann nach dem Ersten Weltkrieg mit der Umwidmung in ein Altersheim eine neue Ära.
Da überdies „befürsorgte Kinder“ aufgenommen wurden, kann man sogar von einer Für-
sorgeanstalt sprechen. In den Jahren 1953 bis 1955 erfolgte der Umbau in ein für die da-
malige Zeit modernes Seniorenheim32.
31 Als Beispiel Kloibhofer, Bürgerspital 142f.
32 Ebd. 168f.
Abb. 21: Eisenerz; Bürgerspital (Lindmoserstr. Nr. 5). Bis zum 16. Jahrhundert wurde das Haus von einer
Frühmessbruderschaft betreut. Das heutige Wirtshaus zur „Zur Blauen Kugel“ (Hausname seit dem 17. Jh.)
befindet sich neben der Liebfrauenkirche (Foto: Martin Scheutz, Juli 2013).
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Spital als Lebensform
- Untertitel
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Medizin