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Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Seite - 183 -
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Seite - 183 - in Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1

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VI.6 Steiermark: Graz – Armenhaus, Bürgerspital, Lazarett (Kommentar Nr. 55–63) 183 worden sein dürfte, dessen erste urkundliche Erwähnung sich aber erst für das Jahr 1320 gesichert nachweisen lässt. In einer Schenkungsurkunde wurde dem Stift Rein aufgetragen, der Grazer Einrichtung jährlich einen Vierling Roggen und einen Eimer Wein zu liefern. Eine weitere bedeutende Stiftung ist für das Jahr 1329 überliefert: Königin Elisabeth, die Gattin Friedrichs des Schönen, vermachte in ihrem Testament dem Spital ein Pfund Wie- ner Münze. Die Anstalt in der Dominikanergasse 8 führte die unterschiedlichsten Bezeich- nungen, z. B. „Spital zu St. Andrä in Graz“, „Spital der armen Leut zu Graz“, die Bezeich- nung Bürgerspital kam erst mit der Gründung des Hofspitals auf (1535). Kaiser Friedrich III. widmete der Einrichtung, die er als seine Stiftung bezeichnete, 1461 die Auengründe im Bereich des späteren Griesplatzes. Auf diesen Schenkungen und den Stiftungen Ma- ximilians I. (1513) beruhte die spätere Grundherrschaft Spital, die für die städtebauliche Entwicklung des rechten Murufers von ausschlaggebender Bedeutung sein sollte7. Im Jahr 1513 lebten 20 Männer und 40 Frauen im Haus, das vom Richter und Rat der Stadt Graz verwaltet wurde. Diese kontrollierten vor allem die Finanzen, erließen die Spitalsordnungen und besetzten das Amt des Spitalmeisters, der meist aus den Reihen der angesehenen Bürger und Handwerker stammte und durch einen Diensteid gebunden war8. Ihm wiederum unterstand das Meierehepaar und der (beeidete) Hausvater, der die tatsächliche Aufsicht über die Armen im Bürgerspital wahrzunehmen versuchte und sich spätestens seit der Mitte des 18. Jahrhunderts als Vertreter der städtischen Ordnungskon- zepte verstand9. Um die Armen ernähren zu können, war das Bürgerspital auf Spenden und Vermächt- nisse von reichen Wohltätern angewiesen (z. B. 1682 14.000 fl. für neun Ehepaare im Spital), auf Beiträge der Zünfte, auf Straf- und Sammelgelder, vor allem jedoch auf die re- gelmäßigen Einnahmen aus der eigenen Landwirtschaft, welche bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts den Großteil der Nahrungsmittel, das Brennmaterial und das Bettstroh lieferte. Fleisch, Fett, Käse, Salz, Gewürze mussten allerdings zugekauft werden. Zu Be- ginn des 17. Jahrhunderts verfügte das Spital in der Umgebung der Stadt Graz ferner über mehrere Weingärten, die von sieben Winzern gepflegt wurden, und eigene Waldungen, in denen drei Förster arbeiteten. Im Jahr 1706 kümmerten sich der Meier und sein Dienst- personal auch noch um einen recht zahlreichen Viehbestand: vier Pferde und fünf Fohlen, sieben Ziehochsen, ein Stier, fünf Kühe, drei Kalbinnen und ein Kalb, neun Schweine und sechs Ferkel. Das Brot wurde bereits seit 1680 von einem selbstständigen Bäcker im gegenüberliegenden Haus gebacken und seit 1727 war ein eigener Spitalfleischhauer im Haus tätig, über dessen Preisniveau sich jedoch der Spitalmeister und kaiserliche Rat Jo- hann Ferdinand Destalles von Wallsburg (1721–1728) beschwerte. Dieser regte daher an, die Meierei aufzulassen, da der Reinertrag der eigenen Landwirtschaft nur 348 fl. betrug, durch den Verkauf der Gründe hingegen ein jährlicher Überschuss von 804 fl. erwirt- schaftet werden könnte. Sein Vorschlag zielte dahin, einen Spitalwirt zu bestellen, der die Pfründner/innen mit Speisen zu fixierten Preisen versorgen sollte. Kaiser Karl VI. erließ am 4. Februar 1729 den Befehl, sämtliche Weingärten und Äcker zu verkaufen, doch wurden die letzten Gründe tatsächlich erst 1790 veräußert. Die Meierei hingegen stellte bereits Spitalmeister Johann Andreas Caesar (1728–1739) ab und führte die Geldverpfle- 7 Huber-Reismann, Krankheit 337; Haydinger, Fürsorge 7f.; Reismann–Mittermüller, Stadtle- xikon 62; Wichner, Heilwesen 51–53; Seidl, Bürgerspital zum Heiligen Geist 4–16; Vlasaty, Spital 15f. 8 Edition Nr. 57, S. 667f.; Steiner–Wutschnig, Bürgerspital 9f. 9 Scheutz, Bürgerliche Argusaugen 300.
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Spital als Lebensform Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Spital als Lebensform
Untertitel
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
Band
1
Autoren
Martin Scheutz
Alfred Stefan Weiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79639-8
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorie
Medizin
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