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Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Seite - 184 -
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184 Kommentare gung ein, die in der Folge zu einer Altersrente umgewandelt wurde. Zu den bedeutenden Einnahmen zählten ferner die Einkünfte seitens der untertänigen Häuser und Bauerwirt- schaften, da die Anstalt im Verlauf der Frühen Neuzeit einen großen Teil seiner Wiesen und Auen auf dem Gries und auf der Lend als Gärten und Bauplätze verkaufen konnte. Das Spital erwarb auf diese Weise ein bedeutendes Geldvermögen, welches es hochver- zinslich (5–6 %) anlegen ließ (1727 bereits 44.244 fl.)10. Über die Zustände und das Leben der Pfründner im Haus gibt ein Visitationspro- tokoll des Jahres 1617 zumindest ein wenig Auskunft. Die Einkünfte des Spitals waren für 50 Arme berechnet, doch allein im Sommer mussten 100 und im Winter sogar bis zu 150 Personen gespeist und verpflegt werden. Da die Ausgaben rasch die Einnahmen überstiegen, dachte die Verwaltung über eine Reduktion der Pfründnerstellen nach und ordnete an, dass nur mehr gebürtige Steirer Aufnahme finden durften. Der im Haus tätige Priester sollte jeden Sonntag in der Dreifaltigkeitskapelle, die mit drei Altären versehen war, für die Armen eine Predigt halten. In den Zimmern der Frauen und Männer, die auf Wunsch der Kommission getrennt schlafen sollten, hingen Kreuze und Weihwassergefäße und an die Armen wurden Rosenkränze verteilt. Konnten Frauen und Männer aufgrund von Platzmangel nicht in separierten Räumen schlafen, so drangen die Kommissions- mitglieder vehement darauf, dass auf der einen Seite nur Frauen und auf der gegenüber- liegenden Seite nur Männer schliefen; außerdem musste jedes Bett mit einem Leintuch versehen sein11. Wirft man einen Blick auf die statistischen Verhältnisse des frühen 18. Jahrhunderts, so wird ersichtlich, dass bei der Übernahme des Hauses durch die Sicherheitskommission im Jahr 1727 zwar 75 Pfründner/innen untergebracht waren (u. a. neun Ehepaare), von denen jedoch nur zwölf eine bürgerliche Abstammung nachweisen konnten. 32 Perso- nen stammten aus Graz, 32 aus der Steiermark (vor allem aus Untersteier), eine Frau aus Kärnten, eine aus Laibach, bei vier Männern und fünf Frauen ist der Geburtsort unbe- kannt. Erst Maria Theresia bestimmte, das Bürgerspital sei lediglich für Grazer Bürger gestiftet. Bis ins 18. Jahrhundert lebten jedoch im Sinne einer multifunktionalen Anstalt Waisenkinder, Blinde, Taube und psychisch Kranke (Verwahrung in der so genannten „Reckstube“) im Haus12. Da sich aus den umfangreichen Beständen des Grazer Bürgerspitals13 bisher keine frühneuzeitliche Norm oder ein entsprechendes Statut nachweisen ließ, dient derzeit die Hausordnung vom 10. März 1863 der Orientierung. In 17 Punkten wurden die Pfründner – analog des frühneuzeitlichen Normenkatalogs – zu einem gottesfürchtigen Leben, zu Gebeten und Messen, zu Reinlichkeit, zu einfachen Arbeiten und zur Unter- stützung der gebrechlichen Mitbewohner/innen angehalten etc.14. Um den Frieden im Haus gewährleisten zu können, war die Ernährung von besonderer Bedeutung, die im Grazer Bürgerspital als hochwertig bezeichnet werden darf. In der Frühen Neuzeit spiel- ten Fleisch, Zugemüse (vor allem Kraut und Rüben), Brot und Wein eine bedeutende Rolle. Laut Speiseordnung vom Dezember 1726 (für 71 Personen) gab es fünf Mal pro Woche Fleisch (Freitag und Samstag galten dabei als Fasttage); am Abend wurden Rüben, 10 Haydinger, Fürsorge 14–20; Steiner–Wutschnig, Bürgerspital 15–19. 11 Wichner, Heilwesen 53f.; Vlasaty, Spital 17. 12 Haydinger, Fürsorge 21–23; Steiner–Wutschnig, Bürgerspital 13f. 13 StLA, Weltliche Stiftungsakten 15, K. 82–102. 14 Haydinger, Fürsorge 25–27.
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Spital als Lebensform Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Spital als Lebensform
Untertitel
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
Band
1
Autoren
Martin Scheutz
Alfred Stefan Weiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79639-8
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorie
Medizin
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