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gung ein, die in der Folge zu einer Altersrente umgewandelt wurde. Zu den bedeutenden
Einnahmen zählten ferner die Einkünfte seitens der untertänigen Häuser und Bauerwirt-
schaften, da die Anstalt im Verlauf der Frühen Neuzeit einen großen Teil seiner Wiesen
und Auen auf dem Gries und auf der Lend als Gärten und Bauplätze verkaufen konnte.
Das Spital erwarb auf diese Weise ein bedeutendes Geldvermögen, welches es hochver-
zinslich (5–6 %) anlegen ließ (1727 bereits 44.244 fl.)10.
Über die Zustände und das Leben der Pfründner im Haus gibt ein Visitationspro-
tokoll des Jahres 1617 zumindest ein wenig Auskunft. Die Einkünfte des Spitals waren
für 50 Arme berechnet, doch allein im Sommer mussten 100 und im Winter sogar bis
zu 150 Personen gespeist und verpflegt werden. Da die Ausgaben rasch die Einnahmen
überstiegen, dachte die Verwaltung über eine Reduktion der Pfründnerstellen nach und
ordnete an, dass nur mehr gebürtige Steirer Aufnahme finden durften. Der im Haus tätige
Priester sollte jeden Sonntag in der Dreifaltigkeitskapelle, die mit drei Altären versehen
war, für die Armen eine Predigt halten. In den Zimmern der Frauen und Männer, die auf
Wunsch der Kommission getrennt schlafen sollten, hingen Kreuze und Weihwassergefäße
und an die Armen wurden Rosenkränze verteilt. Konnten Frauen und Männer aufgrund
von Platzmangel nicht in separierten Räumen schlafen, so drangen die Kommissions-
mitglieder vehement darauf, dass auf der einen Seite nur Frauen und auf der gegenüber-
liegenden Seite nur Männer schliefen; außerdem musste jedes Bett mit einem Leintuch
versehen sein11.
Wirft man einen Blick auf die statistischen Verhältnisse des frühen 18. Jahrhunderts,
so wird ersichtlich, dass bei der Übernahme des Hauses durch die Sicherheitskommission
im Jahr 1727 zwar 75 Pfründner/innen untergebracht waren (u. a. neun Ehepaare), von
denen jedoch nur zwölf eine bürgerliche Abstammung nachweisen konnten. 32 Perso-
nen stammten aus Graz, 32 aus der Steiermark (vor allem aus Untersteier), eine Frau aus
Kärnten, eine aus Laibach, bei vier Männern und fünf Frauen ist der Geburtsort unbe-
kannt. Erst Maria Theresia bestimmte, das Bürgerspital sei lediglich für Grazer Bürger
gestiftet. Bis ins 18. Jahrhundert lebten jedoch im Sinne einer multifunktionalen Anstalt
Waisenkinder, Blinde, Taube und psychisch Kranke (Verwahrung in der so genannten
„Reckstube“) im Haus12.
Da sich aus den umfangreichen Beständen des Grazer Bürgerspitals13 bisher keine
frühneuzeitliche Norm oder ein entsprechendes Statut nachweisen ließ, dient derzeit
die Hausordnung vom 10. März 1863 der Orientierung. In 17 Punkten wurden die
Pfründner – analog des frühneuzeitlichen Normenkatalogs – zu einem gottesfürchtigen
Leben, zu Gebeten und Messen, zu Reinlichkeit, zu einfachen Arbeiten und zur Unter-
stützung der gebrechlichen Mitbewohner/innen angehalten etc.14. Um den Frieden im
Haus gewährleisten zu können, war die Ernährung von besonderer Bedeutung, die im
Grazer Bürgerspital als hochwertig bezeichnet werden darf. In der Frühen Neuzeit spiel-
ten Fleisch, Zugemüse (vor allem Kraut und Rüben), Brot und Wein eine bedeutende
Rolle. Laut Speiseordnung vom Dezember 1726 (für 71 Personen) gab es fünf Mal pro
Woche Fleisch (Freitag und Samstag galten dabei als Fasttage); am Abend wurden Rüben,
10 Haydinger, Fürsorge 14–20; Steiner–Wutschnig, Bürgerspital 15–19.
11 Wichner, Heilwesen 53f.; Vlasaty, Spital 17.
12 Haydinger, Fürsorge 21–23; Steiner–Wutschnig, Bürgerspital 13f.
13 StLA, Weltliche Stiftungsakten 15, K. 82–102.
14 Haydinger, Fürsorge 25–27.
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Spital als Lebensform
- Untertitel
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Medizin