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um eine Ausgeherlaubnis für einen Gang zu zweit in die Kirche oder in die Stadt bitten
und ihre Entscheidungen akzeptieren19. Die Stiftungsplätze waren durchaus begehrt und
falls eine Pfründnerin die Regeln nicht befolgte, dann schloss sich rasch die Haustür hin-
ter ihr. 1769 wurde z. B. Elisabeth Leblin im Anschluss an eine Wallfahrt nach achttägi-
gem Hausarrest und Anlegen eines Maulkorbes ausgeschlossen, da sie zusätzlich mit Sol-
daten auf der Gasse ertappt worden war und sich ferner im Wirtshaus aufgehalten hatte20.
Um die Bewohnerinnen an ihre christlichen Pflichten zu erinnern, hing eine eigene
specification aus, waß die 12 armen weiber in dem kleinen lasareth bey s(ank)t Elisabeth
daß jahr hindurch wochentlich und täglich betten und dises unabläsßlich fleisßig verrichten
zu hatten21. Da im Jahr 1755 die Stiftung auf 18 Frauen ausgeweitet worden war, hatte
man bereits zwei Jahre zuvor das Gebäude vorsorglich um ein Stockwerk erweitert. Das
ständig wachsende Fondsvermögen – 1754 18.191 fl., 1767 20.441 fl. – ließ diese Um-
bauten auch zu. Am 17. Mai 1786 hob Kaiser Josef II. die Elisabethstiftung auf und das
Vermögen wurde an den Hauptarmenfonds übergeben, aus dem künftig die Pfründen
bezahlt werden mussten (5 ½ xr. täglich). Bereits seit April 1784 hatten die Frauen ein
Erkennungsschild an ihrer Kleidung (blaue Mäntel) zu tragen. Das Gebäude wurde 1792
an den Militärquartierfonds um 1.160 fl. verkauft22.
19 Edition Nr. 61, S. 679–681; ähnlich die Ordnung des Jahres 1753 Haydinger, Fürsorge 71–73.
20 Ebd. 71, 73.
21 Edition Nr. 62 und 63, S. 681–685.
22 Reismann–Mittermüller, Stadtlexikon 280; Huber-Reismann, Krankheit 342; Haydinger,
Fürsorge 67–69.
Abb. 23: Graz; Armenhaus (1728 gegründet, 1754 Belegung mit über 600 Personen) in der Albert-Schweizer-
gasse 34–38, Graz V. (heute Verwaltungsgebäude der Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt Graz bzw.
auch Wohntrakt); 1928 von der Stadt Graz baulich erweitert und als städtisches Spital und Altersheim weiter-
geführt, Kriegsschäden 1944/45 (Foto: Alfred Stefan Weiß, 2012).
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Spital als Lebensform
- Untertitel
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Medizin