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er sich mit den Insassen und ihren Problemen auseinanderzusetzen, wodurch er sich bei
ernsthaften Beschwerden bisweilen mit Untersuchungskommissionen konfrontiert sah.
Seit Beginn der 1730er Jahre amtierte neben dem Spitalmeister, der nunmehr der Hof-
kommission für „Landessicherheitssachen und Besorgung der weltlichen Stiftungen“ in
Graz unterstellt war, ein städtischer „Siechenhäuselinspektor“, der einen Teil der Agenden
übernehmen musste17.
Für das Jahr 1695 lässt sich eine Neüe spitallordnung und instruction deren herrn spitl-
maistern alhier zu Leoben nachweisen, die Spitalmeister Paul Joseph Khramer als Dienst-
instruktion erhielt (Edition Nr. 66, S. 692–697)18. Zunächst wurde angeführt, welche
Einkünfte er beziehen durfte (Bebauung von zwei halben Tagwerk, Heu und gruemath
von der Spitalwiese, zehn Klafter Holz, Fleischzuteilungen, Gebühren bei Ausstellun-
gen von Dokumenten und bei der Vornahme einer Inventur). Im Gegensatz ließ der Rat
auch die Aufgaben des Spitalmeisters sehr genau auflisten: So hatte er am Mittwoch und
Samstag das Spital zu besuchen, den Getreidekasten und die Gründe in Augenschein zu
nehmen, beim Tod eines Pfründners die Truhen und persönlichen Sachen zu visitieren,
das Personal des Meierhofes zu beaufsichtigen, das Almosen auszuteilen, die Versorgung
von fremden Personen und der Kranken zu überwachen etc. Um Irrtümern vorzubeugen,
folgte eine detaillierte Aufschlüsselung der Essens- und Weingaben an die Spitaler, an das
Gesinde und an die Handwerker sowie Arbeiter19.
Gab es Klagen bezüglich des Essens seitens der Bewohner oder des Gesindes war der
Friede im Haus meistens nicht aufrecht zu erhalten. Im Jahr 1692 war der Getreideertrag
so gering, dass der Spitalmeister das Brot mit Hafer strecken wollte. Im Jahr 1648, als
endlich der Westfälische Friede geschlossen werden konnte, bekamen die Armen vom
Spital bloß ein kleines Stück Brot und wenig Fleisch dargereicht und im späten 16. Jahr-
hundert konnte den Pfründner zeitweise nur das Dach über dem Kopf geboten werden20.
Um daher möglichen Klagen vorzubeugen, bemühte man sich auch in Leoben, den Wo-
chenspeiseplan um 1729 zu verschriftlichen (Edition Nr. 67, S. 698)21. Aus der ältesten
Spitalrechnung (1488) wissen wir, dass im Bürgerspital Leoben – wie auch in unzähligen
anderen karitativen Einrichtungen – überdurchschnittlich viel Fleisch und Wein ver-
braucht wurde, zusätzlich fielen Sonderausgaben für die Verpflegung der Geistlichen ins
Gewicht; außerdem würzte die mittelalterliche Küche gerne und zudem sehr stark (so fin-
den sich Abrechnungen für Pfeffer, Safran, Lorbeer, Muskatblüte und Kalmus)22. In der
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde immerhin noch an drei Tagen Fleisch gereicht
(am Sonntag, Dienstag und Donnerstag sowie zu den hohen Feiertagen), doch nunmehr
dominierten überdies Suppen, Nudel, Knödel, „Ritschert“ (auch Ritschet) und diverse
Gemüsebeigaben den Mittags- und Abendtisch. Am Mittwoch und Samstag erhielten die
bürgerlichen Armen sowie der Meier und seine Frau eine Weingabe, am Samstag überdies
die Kinder und die Arbeiter. An den Nachmittagen gab es die gewehnliche jausen, meistens
17 Ebd. 28–32; Abendstein, Leobener Bürgerspital 51–56.
18 StLA, Weltliche Stiftungsakten 14, K. 81, Urkunden; ebd. K. 77, Nr. 168 (Abschrift 18. Jahrhun-
dert), 1695 April 12.
19 StLA, Weltliche Stiftungsakten 14, K. 81, Urkunden.
20 Watzka, Arme, Kranke, Verrückte 74, 117; Abendstein, Leobener Bürgerspital 79.
21 StLA, Weltliche Stiftungsakten 14, K. 75, Nr. 12, Wüe die spitaller in Leoben verpflegt werden, um
1729.
22 Cerwinka, Leobener Bürgerspital 68f.
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Spital als Lebensform
- Untertitel
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Medizin