Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Medizin
Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Seite - 209 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 209 - in Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1

Bild der Seite - 209 -

Bild der Seite - 209 - in Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1

Text der Seite - 209 -

VI.12 Steiermark: Radkersburg – Bürgerspital (Kommentar Nr. 70) 209 unterhalb der St. Peterskirche (heute Gornja Radgona, Slowenien) unterschieden. Wer für die Gründung dieser kurzlebigen protestantischen Institution letztendlich verantwortlich zeichnete, kann heute nicht mehr zweifelsfrei geklärt werden: Einerseits wird Jakob Grießer, 1557 bis 1559 landschaftlicher Rechnungsleger für staatsgebeu und grabenarbeit angeführt, andererseits werden die griesser, die Bewohner der Vorstadt, für diese bürger liche Gemein- schaftstiftung genannt. Nach der Auswanderung der griesser und dem Verfall ihrer Anstalt erging vom Rat der Stadt der Vorschlag an Ferdinand II., beide Hospitäler zu vereinigen. Die freien Räumlichkeiten innerhalb der Stadt wurden nun von den zugezogenen Kapuzinerpa- tres in Anspruch genommen, die auch in Radkersburg eine Phase der stilleren katholischen Wiederbekehrung einleiteten. Im Dezember 1618 genehmigte der Landesfürst die Über- siedlung der Armen in das jenseits der Mur gelegene Grießerische stiftungsstöckhl und ersparte damit der Stadt den kostspieligen Neubau eines Spitals, der ohnedies in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten an den fehlenden Mitteln gescheitert wäre8. Das Haus mit spätmittelal- terlichem Kern, dessen Äußeres und Reste von Fresken aus dem 18. Jahrhundert stammen, blieb bis 1920 in Verwendung9. Das Gebäude musste in diesem Jahr geräumt werden und die Anstalt verlor seine Besitzungen am rechten Murufer. Neben dem Spital befanden sich der Meierhof und ein Großteil der Güter in oder in der Nähe von Oberradkersburg/Gornja Radgona, so dass slowenische Sprachkenntnisse für den jeweiligen Spitalmeister von Vorteil waren, da es mit den dulmätschen […] ein harte sach war10. Außer den Hospitalbewohnern waren auch die Grunduntertanen dem besoldeten Spitalmeister zum Gehorsam verpflichtet, doch führten berechtigte Beschwerden im Jahr 1743 zur Absetzung seiner Person11. Um ge- nerell Missbrauch zu erschweren, wurden dem Hospitalmeister bei seinem Amtsantritt nach der Leistung seines Eides und einer hohen Kaution – 1754 immerhin 500 fl. – ein genaues Inventar12 und eine detaillierte Dienstanweisung übergeben. Laut der 16 Punkte umfassen- den Instruktion vom 8. Juli 1781 (Edition Nr. 70, S. 703–707)13 sollte er die milden Stif- tungen befördern und allen Schaden sowie Nachteil unverzüglich abwenden. Er unterstand dabei nicht mehr allein der Kontrolle des Magistrats, sondern überdies der landesherrlichen Behörde, die Stadtrichter und Dechant als Inspektoren ernannte und somit deutlich ihre Eingriffsmöglichkeiten andeutete14. Betrachtet man ein Hospital als komplexes System der Selbstorganisation, so zählte selbstverständlich der Hospitalmeister zu den wichtigsten Ak- teuren (Steuerungsmedien) im Haus, der auch außersystemische Beziehungen unterhalten musste15 und im inneren Gefüge Macht ausübte16. So wurde ihm aufgetragen, auf die Spita- 8 Dirnberger, Stadt Radkersburg 154f., 168f., 174f., 191–203 (zur Zeit der Reformation und Reka- tholisierung); Weinberger, Armenversorgung 24f.; Kodolitsch, Radkersburg 25f. 9 Nach der neuen Grenzziehung übersiedelten die Pfründner in die Platzkaserne am Hauptplatz der Stadt Radkersburg; Weinberger, Armenversorgung 96. 10 Weinberger, Armenversorgung 27, 33; Vlasaty, Spital 42f.; Lechner, Radkersburg 77f.; Just, Gornja Radgona 61f., 88. 11 ADGS, PfA Radkersburg, Sch. 29, H. 220, Beschwerden der Spitalsuntertanen über den Spital- meister Adalbert Christoph Schnelzer und Bestellung des Joseph Gögleis von Eggenwald zum Spitalmeister, 1742/1743. 12 Ebd. Inventar 1743; StLA, Archiv Radkersburg, K. 55, H. 250, Inventare 1630 und 1634; Dirn- berger, Stadt Radkersburg 276–281 (Inventar 1634). 13 StLA, A. Radkersburg, K. 55, H. 250, Instruktion für den Hospitalmeister, 1781 Juli 8; Weinber- ger, Armenversorgung 30–35. 14 Watzka, Arme, Kranke, Verrückte 63; Weiss, Hund 180. 15 Weiss, Spitalgeistlicher 223; einführend dazu Wilke, Systemtheorie I. 16 Weiss, Österreichische Hospitäler 219–221.
zurück zum  Buch Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1"
Spital als Lebensform Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Spital als Lebensform
Untertitel
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
Band
1
Autoren
Martin Scheutz
Alfred Stefan Weiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79639-8
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorie
Medizin
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Spital als Lebensform