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VI.15 Steiermark: Sauerbrunn – Herrschaftsspital (Kommentar Nr. 73) 223
die Frauen und Männer besser überwachen zu können, wurde 1751 im Schloss ein Bene-
fiziat angestellt. Im Dezember des Vorjahres hatte der Kooperator von St. Oswald, Johann
Ludwig von Grubenfels, die Landessicherheitshofkommission um dieses Amt ersucht.
Er wollte 2.000 fl. beitragen, da er durch seine 19-jährige Seelsorgetätigkeit entkräftet
war und hoffte, in Sauerbrunn eine weniger anstrengende Arbeit verrichten zu müssen.
Nach seinem Tod sollten wöchentlich zwei Stiftmessen für ihn und seine Familie gelesen
werden. Der Benefiziat war bei seinen Schutzbefohlenen nicht allzu beliebt, da er sie der
Sittenlosigkeit, des Diebstahls und des Ungehorsams bezichtigte. Sie hingegen hießen
ihn Spitalschinder und Teufel. 1766 musste eine Kommission mit der Untersuchung der
Vorgänge betraut werden, da einzelne Bewohner den Geistlichen sogar mit dem Mes-
ser angreifen wollten. Wie jedoch eruiert wurde, trug auch Grubenfels entscheidend zur
misslichen Lage bei, da er sich nicht um Sterbenskranke gekümmert und diese ohne Sak-
ramente hatte sterben lassen11.
In den 1780er Jahren beherbergte die Armeninstitution 13 Frauen und zwölf Männer
(1756 insgesamt 30 Personen), das Kapital belief sich auf 27.500 fl. und die Einnahmen
sowie Ausgaben bezifferte die Verwaltung mit 1.560 fl.12. Trotz dieser erfreulichen Bi-
lanz fiel auch diese Einrichtung der josephinischen „Regulierungswut“ zum Opfer und
die Armen mussten künftig außerhalb des Hauses wohnen13. Nach dem Tod Josephs II.
konnte zwar der Weiterbestand des karitativen Fonds sichergestellt werden, doch fand
keine Wiederaufnahme der ehemaligen Pfründner statt. Die Meierschaftsgründe wurden
an die Meistbietenden versteigert und gegen Grundzins vergeben, in gleicher Weise ver-
pachtete die Verwaltung die Zehente. Zunächst erhielten 24, später 26 Arme sieben Kreu-
zer pro Tag, um ihren Lebensunterhalt in eigener Verantwortung zu bestreiten. Aufgrund
der Geldentwertung reduzierte sich der genannte Betrag zum Bagatellalmosen, so dass
die Tagesportion im Jahr 1835 zumindest auf 15 xr. W. W. angehoben werden musste.
In Folge der Grundentlastung und dem damit verbundenen Verlust eines großen Teils
der Einkünfte konnten überhaupt nur mehr sechs Personen ein Almosen beziehen. Seit
dem Jahr 1848 gab es einen geringen Ersatz für das ehemalige Spital im Schloss Sauer-
brunn, denn die verstorbene Keuschlerin Theresia Lanz stiftete ihr Häuschen zu einem
kleinen Gemeindespital im Ort Pöls. Das Schloss, das kaum mehr gepflegt wurde, verfiel
zusehends und bereits im 19. Jahrhundert mussten einsturzgefährdete Teile abgetragen
werden. Die Innenausstattung ließ man entfernen und gegenwärtig findet der Besucher
bedauerlicherweise nur mehr eine ruinöse frühneuzeitliche Bauanlage vor14. Die „Franz
Freiherr von Teuffenbachsche Sauerbrunn-Armenstiftung in Thalheim“ ist noch derzeit
aktiv, wird von der Steiermärkischen Landesregierung verwaltet und bietet Unterstützung
für sozial Bedürftige aus der Land- und Forstwirtschaft im Bereich der Stiftung15.
11 Brunner, Pöls 108; Ders., Armut 255; StLA, Weltliche Stiftungsakten 83, K. 302, Teil 2, fol.
883r–884v, Bitte des Kooperators von St. Oswald als Benefiziat in Sauerbrunn angestellt zu werden (Extrakt),
1750 Dezember 2.
12 Uebersicht 82; siehe im Vergleich dazu die Auswertung für das Jahr 1756 bei Valentinitsch, Ar-
menfürsorge 113.
13 Brunner, Pöls 108; Ders., Armut 255f.; Brunner, Bezirkslexikon 240; Wichner, Heilwesen 70;
Andritsch, Armenfürsorge 35.
14 Brunner, Pöls 108f., 211, 213f., 216.
15 http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/beitrag/11682839/75853088/ [Zugriff 22. 2. 2013];
Brunner, Armut 256; Brunner, Bezirkslexikon 240.
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Spital als Lebensform
- Untertitel
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Medizin