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VI.16 Steiermark: Tüffer/Laško – Herrschaftsspital (Kommentar Nr. 74–75) 225
erforderlichen Geldmittel durchsetzen6. Hatte die Familie Moscon7 auch großes Interesse
gezeigt, die Herrschaft Montpreis zu übernehmen, so kritisierte man jedoch vehement von
offizieller Seite, dass die fromme stiftung aber ausser acht gelassen wurde8. Bereits 1625 war es
zu Schwierigkeiten zwischen den Ratsherren von Tüffer und Karl von Moscon gekommen,
so dass vertraglich vereinbart werden musste, dass der Spitalmeister und die Insassen aus-
schließlich vom Herrschaftsinhaber zur Strafe gezogen werden durften.
Joseph Graf Moscon weigerte sich im frühen 18. Jahrhundert mit Verweis auf die
geringen Erträge und die miss gerathene jähr, die Anstalt in Tüffer stiftungsgemäß zu do-
tieren, so dass das Haus immer mehr verfiel, nur wenige Arme verpflegt werden konnten
(Edition Nr. 74, 75, S. 716–720) und diese unter erbarmungswürdigen Zuständen hau-
sen mussten9. Hatten sich auch die Verhältnisse bis zum seinem Tod deutlich gebessert,
so sorgte erst sein Nachfolger, Johann Jakob Freiherr Moscon, mit der Verschriftlichung
einer Speise- und Verpflegungsordnung vom 4. Juni 1731, die den Richtlinien des Tes-
tators Valvasor entsprach, für normierte Richtlinien (Edition Nr. 75, S. 717–720). Die
Befragung zweier armer Spitalfrauen, die exakt drei Jahre zuvor durchgeführt worden war
– somit liegt eine besonders rare archivalische Quelle „von unten“ vor (Edition Nr. 74, S.
716f.) – sollte den tatsächlichen Zustand festhalten und wurde in einer späteren Specifi-
cation, was denen in dem spittall zu Tüffer sich befindlichen armen […] an cost und klaidung
geraichet werde, noch um die Punkte Brennholzbedarf, Aufgaben des Kaplan als vorgesezter
spittlmaister und Behandlung der Erkrankten ergänzt10.
Bereits im Dezember 1734 versuchte der neue Herrschaftsinhaber die ungeliebte
Naturalwirtschaft durch so genannte Geldportionen ersetzen zu lassen, blieb allerdings
mit seinem Ansinnen erfolglos11. In den folgenden Jahren häuften sich auch wieder die
Klagen der Hausbewohner über das zu geringe Brotgewicht und die schlechte Getreide-
qualität. Wollten sie Klage führen, drohte man ihnen seitens der Herrschaft, sie sogleich
auß dem spittall [zu] prüglen. Adam Ignaz Märinz, Pfarrer von Tüffer, der wiederholt als
Visitator ins Hospital kam, bestätigte die Richtigkeit der Beschwerden und drang auf
Abhilfe12.
Im Jänner 1769 wurde die Grundherrschaft Montpreis beim landesfürstlichen Lan-
desrecht liquidiert und an Franz Anton Prothasi verkauft, der bereits als Administrator
tätig gewesen war. Er bot für das Spital Tüffer 28.000 fl. als Kaufschilling, jedoch un-
ter Ausschluss der Baureparaturen13. Um seine Kosten möglichst gering zu halten, wollte
auch er die Naturalverpflegung abschaffen und den Armen täglich fünf Kreuzer als Geld-
portion austeilen lassen. Da der neue Herrschaftsinhaber kein Interesse am Spital zeigte,
6 Vgl. auswahlweise StLA, Weltliche Stiftungsakten 68, K. 213, Nr. 17, Beschreibung des Spitals zu
Tüffer, 1729 Juni 13; ebd. 68, K. 211, Nr. 3, Entwurf für eine Versorgungsordnung, 1703 März 3; die Mauern
des Gebäudes drohten einzustürzen.
7 Zur Familie Wurzbach 19 129f.
8 StLA, Weltliche Stiftungsakten 68, K. 211, Nr. 1, Bericht an die Innerösterreichische Regierung
und Hofkammer, Cilli, 1722 Juni 6.
9 Ebd. 68, K. 212, Nr. 3, Joseph Graf Moscon an Kaiser Karl IV., Graz, 1721 Dezember 10.
10 Ebd. 68, K. 213, Nr. 17, undatiert.
11 Ebd. K. 214, Nr. 31.
12 Ebd. Nr. 35, Johann Max Graf Wildenstein, Herrschaft Tüffer, an die Landessicherheitshofkom-
mission, undatiert (1747 Mai); ähnlich Nr. 44, Beschwerden bei der Visitation, 1753 März 20; Bestätigung der
Richtigkeit der Angaben durch Pfarrer Adam Ignaz Märinz, Pfarrhof Tüffer, 1753 März 22.
13 StLA, Weltliche Stiftungsakten 68, K. 215, Nr. 78, Ludwig von Person, Advocatus piarum Causa-
rum, an die Milde-Stiftungshofkommission, 1769 Jänner 11.
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Spital als Lebensform
- Untertitel
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Medizin