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Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Seite - 227 -
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Seite - 227 - in Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1

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VI.17 Steiermark: Mariazell – Klosterspital (Kommentar Nr. 76) 227 VI.17 Steiermark: Mariazell – Klosterspital (Kommentar Nr. 76) Der Markt Zell galt um das Jahr 1800 als ziemlich schöner Ort, zählte knapp über 100 Häuser (darunter zehn so genannte Keuschen), in denen 340 Männer und 480 Frauen wohnten. Der Frauenüberschuss erklärte sich durch die große Anzahl an Dienstbotinnen, die in den 44 (!) Wirtshäusern als Köchinnen, Kellnerinnen etc. tätig waren. Der Ort wurde dominiert von der Wallfahrtskirche, in der ein weitberühmtes hölzernes Frauenbild- niß Maria-Zell genannt zumindest bis zur Zeit Kaiser Josephs II. hohe Verehrung erfuhr. Der Markt war in drei Gassen abgeteilt und am Ende der Wienergasse – etwa 500 Meter vom Hauptplatz entfernt – befanden sich zwei Hospitäler, eines für verarmte und kranke Bürger (unteres Spital) und das andere für erkrankte Fremde bzw. Pilger (oberes Spital). Das erstere bot noch 1819 neun Personen Platz, das zweite verfügte hingegen über keiner- lei Einkünfte und galt lediglich als Unterstandsort für den Notfall1. Die karitative Anstalt dürfte Ende des 15. Jahrhunderts erbaut worden und von An- fang unter der Leitung des Stiftes St. Lambrecht gestanden sein2. Wie der Superior Peter Pierbaum im September 1754 berichten musste, verfügte das Haus über keinen hinrei- chenden Fonds und wurde nur durch Spenden christlicher gutthäter erhalten, die aber auch wegen andringenden harten zeithen von jahr zu jahr abzunehmen begannen3. Zum Haus gehörten zwei Grundstücke, die Grundherrschaft überwies jährlich einen nicht fixierten Geldbetrag und lieferte zusätzlich Getreide sowie andere Lebensmittel. Mitte der 1720er Jahre wurden außerdem die Kosten für ein neues Spitalgebäude übernommen, das alte renoviert und künftig für die mittellosen und kranken Wallfahrer zur Verfügung gestellt4. Von eminenter Bedeutung war das Legat des k. k. Postmeisters Johann Lett- ner aus Gaunersdorf (Poststation in Niederösterreich), der im Oktober 1733 2.000 fl. zu bösserer verpflegung deren aldasigen spittallern stiftete. Das Kapital wurde zu 5 % beim Wiener Stadtbanko veranlagt und erbrachte jährlich 100 fl.5. Immerhin mussten 18 Arme (6 M/12 F), der Meier (42 Jahre alt) und die Meierin (58) sowie die Köchin (70) versorgt werden6. Hinsichtlich der Aufnahmebedingungen wurde interessanterweise neben der klas- sischen Armut die Gottesfurcht besonders eingemahnt und „Unsträfflichkeit“ verlangt, ansonsten drohte auch in Mariazell der Verstoß aus dem karitativen Schutz der Kirche7. Die Verwaltung und Aufsicht oblag um 1750 zwar dem bürgerlichen Spitalmeister Ge- org Ernst Pleyberger, Wirt und Ratsmitglied, der allerdings durch die geistliche Grund- herrschaft für seine Funktion bestimmt wurde und für seine Tätigkeit jährlich ein Kalb erhielt. Die Spitalrechnungen der Jahre 1751–1753 konnten trotz der Einkünfte aus Zinserträgen, Almosensammlungen, Spenden, Tierverkäufen (Kälber), Erträgen der Ro- senkranzbruderschaft etc. die Ausgaben für Personal, Lebensmittel, Bekleidung, Arbeiten am Haus etc. bei weitem nicht decken. Abgänge (negativer Raitrest) in der Höhe von 65 1 Pichler, Mariazell 19f.; Sterz, Maria-Zell 183f., 190; Kindermann, Abriß 101f. 2 StLA, Weltliche Stiftungsakten 83, Teil 2, K. 302, fol. 725r–v, Spital zu Mariazell. 3 Ebd. RuK, Sach 127 I, K. 400, fol. 509r–540r, hier fol. 509r, 1754 September 9, Fassionseinlage über das Spital in Mariazell. 4 Ebd. fol. 509v; Weltliche Stiftungsakten 63, K. 204, Nr. 1, 1728 Juni 30, Richter und Rat des Marktes Mariazell an die Innerösterreichische Regierung. 5 Ebd. RuK, Sach 127 I, K. 400, fol. 509v. 6 Ebd. fol. 536r–537v, 1754, Specification deren spitallern in Maria Cell. 7 Ebd. fol. 510r–v.
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Spital als Lebensform Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Spital als Lebensform
Untertitel
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
Band
1
Autoren
Martin Scheutz
Alfred Stefan Weiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79639-8
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorie
Medizin
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