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VII.5 Oberösterreich: Linz – Bürgerspital (Kommentar Nr. 106–108) 251
VII.5 Oberösterreich: Linz – Bürgerspital (Kommentar Nr. 106–108)
Das vor der Stadt (vor dem oberen Tor) gelegene Linzer Bürgerspital wurde Anfang des
14. Jahrhunderts gegründet, eine erste urkundliche Nennung ist für das Jahr 13281 nach-
gewiesen. Im Jahr 1334 vergrößerten die Linzer Bürger Ulrich von Tann und Friedrich
Thungassinger die Kapelle des Bürgerspitals (Heilig-Geist-Kirche beim Bürgerspital), die
schon im 14. Jahrhundert das Sepulturrecht für Spitalinsassen besaß. Zum Spital gehörte
der östlich vom Spital gelegene, mit dem Bürgerspital eine Einheit bildende Spitlhoff
(Erstnennung 13772), der allerdings 1682 abbrannte. Nach einer Nennung von 1424
(Vergabe eines dem Spital zugehörigen Weingartens in der Nähe von Krems als Leib-
gedinge) wird der Spitalkaplan Wernhart Rakholer als „rechter pfarrer und kapplan“ im
„spital zum heiligen geist ze Lynntz“ bezeichnet3. Der Kaiserhof zeigte Interesse am Bür-
gerspital, so verlieh König Maximilian 1506 jährlich zwölf Pfund Pfennig aus der Maut
von Linz an das Spital4. Linz fand auch in den Überlegungen zur länderweise vorgenom-
menen Gründung von Hofspitälern seinen Platz, das Linzer Hofspital sollte bei den abge-
kommenen Minoriten untergebracht werden, was aber in der Projektphase stecken blieb.
Ein allen Bewohnern der Stadt offenstehendes Bruderhaus wurde 1563 errichtet. Großen
Schaden erlitt das Bürgerspital im großen oberösterreichischen „Bauernkrieg“ von 1626,
als die Bauern am 30. Juni die Vorstadt in Brand steckten. Nach einem Verzeichnis der
Schäden war die Kirche abgebrannt (Schaden 3.000 fl.), weiters wurde der Getreidespei-
cher und ein Stadel an der Donau vernichtet. Der sich lange hinziehende Wiederaufbau
dürfte um 1636 abgeschlossen gewesen sein: Dieses Jahr stellt ein einschneidendes Datum
dar5: (1) Wiederherstellung der Kirche, (2) weitere Veräußerung der Spittelwiese (dort Er-
richtung einer Reitschule), (3) Auflösung des Spitalhofes. Eine große Stiftung erhielt das
Spital 1645, als durch Kapitalstiftung von 2.800 fl. und 14.800 fl. (Schuldüberschreibung
von Hans Christoph Weiß) zwei Spitalpfründner erhalten werden sollten6.
Im Bürgerspital wurde aus Stiftungsgeldern verwaister Benefizien mit kaiserlicher
Zustimmung eine Schule gegründet (Urkunde von 1571), die während der protestanti-
schen Zeit der Stadt eine Bastion der Protestanten darstellte7. Schul- und Mesnerdienste
trennte man während dieser Zeit. Im Jahr 1640 bezog der Spitalschulmeister von der
Gemeinde jährlich 48 fl., der Organist und Mesner im Spital jährlich 20 fl. neben freier
Verpflegung. Die Bürgerspitalschule verfügte bis 1775 über eine Klasse, bis 1805 über
zwei Klassen (bis 1831 dreiklassig).
Im Jahr 1754 gehörten zum Spital 29 Tagwerk Acker und 3 ½ Tagwerk Wiesen.
Schon 1761 verkaufte die Spitalleitung einen Großteil der Gründe an den Schiffmeister
Franz Winkler. Im Jahr 1786 beschloss die Landesregierung gegen den Widerstand der
Linzer Bürgerschaft die Aufhebung des Bürgerspitals. Das Gebäude des Bürger spitals
samt der Spitalkirche und der angebauten Ölbergkapelle wurde in das Eigentum der
Stadtgemeinde übernommen, schon 1790 kamen das Oberpostamt und die Postwagen-
1 Katzinger, Bürgerspital 16; Kreczi, Linz 35
2 Katzinger, Bürgerspital 19.
3 Ebd. 21. Erstnennung eines Kaplans 1348, ebd. 33; zur Liste der Benefiziaten bzw. Pfarrer in der
Vorstadt ebd. 79.
4 Katzinger, Bürgerspital 25.
5 Ebd. 40.
6 Ebd. 44.
7 Kreczi, Linz 215.
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Spital als Lebensform
- Untertitel
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Medizin