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VII.7 Oberösterreich: Steyr – Bürgerspital, Bruderhaus und Lazarett
(Kommentar Nr. 112–119)
Überragt von der mächtigen, an die Gegenreformation in Steyr gemahnende, 1635/1677
errichtete Michaelerkirche neben dem Jesuitenkolleg (mit inkludierter Schule, bis 1773)
befindet sich an markanter Stelle, westlich der Brücke über den Fluss Steyr, das Bürger-
spital der Stadt Steyr (im Stadtteil Steyrdorf)1. Das gegen Ende des 12. Jahrhunderts
errichtete Spital stand vermutlich an Stelle eines früheren Spitals (vermutlich eine Jo-
hannitergründung2) und dürfte mit größerer Wahrscheinlichkeit beim Stadtbrand 1302
schwer beeinträchtigt worden sein. Zudem wird eine unter der Steyrbrücke situierte
Mühle 12623 erwähnt, die später als Spitalmühle fassbar wird. Im Jahr 1305 wurde die
Bürgerspitalkirche4 (Michaelerplatz 2) (eine „zweite“ spätgotische Kirche vermutlich um
1494 gestiftet) und ein Spitalfriedhof geweiht, wobei die ab 1298 als Stadtherrin auftre-
tende und als Förderin des Bürgerspitals wirkende (1313 etwa Hallstätter Salz) Königin
Elisabeth, die Gemahlin von König Albrecht, an der Gründung beteiligt war5. Nach ei-
nem langen Zwischenspiel als protestantische Kirche (ca. 15456 bis 1630; Übernahme
durch die Jesuiten 1632, erster katholischer Gottesdienst 3. November 16327) dient die
um 1500 erbaute, zweischiffige Bürgerspitalkirche seit 1785 (bis heute) als Vorstadtpfarr-
hof. Schon im 16. Jahrhundert (vor 1546) wurden erneut Veränderungen vorgenommen.
Direkt unter der Spitalkirche befand sich die Spitalweinschenke – als Rarität eine Kirche
über einem Wirtshaus8. Das im 16. Jahrhundert und 1761 größer umgebaute Spital bot
32 Insassen Platz, in seinen Kellern wurde Wein ausgeschenkt.
Dem Bürgerspital unterstand das 1380 erstmals genannte, außerhalb der Stadtmauer
gelegene Sondersiechenhaus in der so genannten Siechengasse (Sierningerstraße 55, au-
ßerhalb des Sierningertores)9. Im Jahr 1511 wurde bei diesem Sondersiechenhaus durch
Hans Lueger eine Kapelle gestiftet (mit Friedhof, nach 1569 aufgelassen). Diese drei-
jochige, dem Heiligen Antonius gewidmete Kapelle weist als Besonderheit einen über
Eck gestellten Chorschluss auf (Brandschäden 1749, 1842). Veit Pfefferl schenkte dem
Bruderhaus sein Haus am Grünmarkt (weitere Testamentschenkung 1542 durch Hans
Fuxberger). Seit 1532 besteht die Bezeichnung Bruderhaus, das alternativ zum Bürgerspi-
tal für die Altersversorgung zuständig war. Dem Bruderhausverwalter unterstand auch der
1522 gegründete „Gemeine Kasten“, eine protestantisch geprägte Versorgungseinrichtung
für arme Bürger.
Als Ergänzung zu Bürgerspital und Bruderhaus wurde das dem Heiligen Josef gewid-
mete am Wehrgraben gelegene Lazarett (erstmals 1607 als „armes Lazaretthaus bey der
1 Als Überblick zur Stadgeschichte Ofner, Steyr; Pils, Steyr; viele Erwähnungen des Spitals bei Mo-
ser–Weber, Waidhofen, sub voce Spital, Spitalfriedhof und – höchst umstritten – Spitalkirche.
2 Die Johannitergründung geht auf eine um 1170 erfolgte Schenkung eines Wecilo von Steyr zurück,
Rolleder, Heimatkunde 183; Bodingbauer, Bürgerspital Steyr 7–12.
3 Zur Spitalsmühle Rolleder, Heimatkunde 183; zum Spital ebd. 183–186.
4 Brandl, Die gotische Bürgerspitalskirche 64–69.
5 Bodingbauer, Bürgerspital Steyr 13–32; zur Gründung mit weiterer Literatur Weigl, Preuhafen 25f.
6 Bodingbauer, Bürgerspital Steyr 143.
7 Brandl, Die gotische Bürgerspitalskirche 69.
8 Preuenhuber, Annales Styrenses 41.
9 Bacher, Steyrdorf 151; Rolleder, Heimatkunde 189f.
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Spital als Lebensform
- Untertitel
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Medizin