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VIII.1 Niederösterreich: Horn – Bürgerspital (Kommentar Nr. 120–123) 259
VIII.1 Niederösterreich: Horn – Bürgerspital (Kommentar Nr. 120–123)
Das 1395 vom Horner Bürger Stephan von Weikersdorfer und seiner Frau Katharina für
zwölf arme und kranke Personen gestiftete und von Grund auf, innerhalb der Stadtmau-
ern erbaute Spital (Marienkapelle mit drei Altären und Benefizium, erster Kaplan Chris-
toph Weikersdorfer) wurde mit Besitzungen im Raum Horn (mit einer Mühle, Trausen-
mühle, seit 1566 Spitalmühle) ausgestattet1. In den Jahren 13962 (Waldungen) und vor
allem 13983 (umfangreiche Besitzungen) folgten Zustiftungen durch die Stadtherrschaft,
die Herren von Maissau (bis 1440 Stadtherren). Schon der Stiftungsprozess des endenden
14. Jahrhunderts zeigt deutlich das zwischen Stadt und Grundherrschaft angelegte Spi-
tal von Horn, dessen bipolare Struktur zu vielfältigen Auseinandersetzungen Anlass gab.
Die späteren Stadtherren der Stadt an der Taffa (1440–1620 die Familie Puchheim, 1622
Vinzenz Muschinger, 1628 Ferdinand Graf Kurz und seine Schwiegersöhne Gottfried
Wilhelm von Rheinstein-Tattenbach und Ferdinand Max Graf Sprinzenstein, 1681–1848
die Familie Hoyos/ab 1822 Hoyos-Sprinzenstein) nahmen immer wieder deutlich Ein-
fluss auf das Geschehen im „Bürgerspital“, während umgekehrt die seit 1588 erhaltenen
Ratsprotokolle von Horn Probleme der Stadt mit dem „herrschaftlichen“ Spital doku-
mentieren (etwa Hausordnung, Erhaltung und Valorisierung des Stiftungskapitals etc.).
Im Jahr 1652 mussten auf Verlangen der Grundherrschaft Bestände des Spitalarchivs an
die Herrschaft abgeben werden4, so dass noch heute sowohl im Stadtarchiv Horn als im
Hoyos’schen Herrschaftsarchiv Spitalbestände zu finden sind. Die Aufnahme in das Hor-
ner Spital durfte nur mit Zustimmung des Stadtherrn erfolgen, die Stadt urgierte wieder-
holt gegenüber dem Stadtherrn die bevorzugte Aufnahme von verarmten Bürgern5.
Das eindrucksvolle Spital in Horn verfügte über eine 1397 in ihrem Chorteil fertig
gestellte und im 15. Jahrhundert ausgebaute Kapelle (Inschrift 1460, Brand)6 an pro-
minenter Stelle innerhalb der Stadt. Die Kapelle wurde 1657 restauriert und 1675 dem
Heiligen Markus geweiht (Altar 1636 von Graf Kurz gestiftet)7. Die Spitalräume stam-
men zum Teil aus dem 16. und zum Teil aus dem 18. Jahrhundert. Das Horner Spital
wurde im Westen von der Wiener Straße, im Norden von der Stadtmauer, im Osten
vom Schloss bzw. der Schlossgärtnerei und im Norden von der zur Brauerei führenden
Straße begrenzt. An das Hauptgebäude des Spitals stieß im Norden ein Wirtschaftsge-
bäude (1937 abgerissen) mit Rundbogenportal an der Straßenseite (1533), im Osten vom
Hauptgebäude – getrennt durch einen Gartenhof – ein zweites Gebäude mit Arkadenvor-
bau (an der Südwestecke dieses Gebäudes eine Stiege). Der Kaplan verfügte im Mittel-
alter über ein eigenes Haus, das aber später im Spitalkomplex aufging; weiters besaß das
Unser besonderer Dank gilt dem Horner Stadtarchivar Erich Rabl, der uns auf vielfältige Weise unter-
stützt hat. Leider war eine Benutzung des Archiv Hoyos trotz einjähriger Wartezeit nicht möglich.
1 Zur ältesten Originalurkunde des Stadtarchivs Horn Forstreiter, Das Horner Bürgerspital 44–46;
Rabl, Bürgerspital zu Horn 25; jetzt Weigl, Große Herren 61f. Als Überblick zur Stadtgeschichte Andra-
schek-Holzer, Horn.
2 Forstreiter, Das Horner Bürgerspital 46–47.
3 Ebd. 47–50
4 Ebd. 63.
5 StA Horn, Kart. 88, Fasz. 285: Prozess der Stadt Horn gegenüber dem Stadtherrn Philipp Joseph
Graf Hoyos um bevorzugte Aufnahme von armen Bürgern im Horner Spital 1756.
6 Reingrabner, Bürgerspital in Horn 16.
7 Tietze, Horn 383–385.
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Spital als Lebensform
- Untertitel
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Medizin