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Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
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IX.1 Wien: Wiener Bürgerspital (Kommentar Nr. 144–190) 289 gärten verantwortlich (Edition Nr. 181, 1709, S. 1037f.; Nr. 182, 1709, S. 1038f.). Das Wiener Bürgerspital war mit 90–100 Hektar bewirtschafteten Weingärten einer der größ- ten frühneuzeitlichen Weinbaubetriebe in Niederösterreich (durchschnittlicher Ertrag von 20 hl./Hektar im 16. und 17. Jahrhundert)50. Aufgrund sinkender Gelderträge und steigender Kosten – die Löhne für die Bestellung betrugen rund 70–80 % der Erträge – verpachtete das Wiener Bürgerspital in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts einen Großteil seiner Weingartenfläche gegen Geld51. Der Weingartenbesitz des Bürgerspitals war in einen oberen (Oberweingartenknecht: etwa Klosterneuburg, Nußdorf, Grinzing, Gersthof) und einen unteren „Gang“ (Unterweingartenknecht: etwa Mödling, Perchtolds- dorf, Liesing, Mauer, Ottakring, Dornbach, Penzing, Meidling) eingeteilt. Wichtig für die Verwaltung der Grundherrschaft, die Ernte, den Weinbau, die Spi- talkeller usw. war der Gegenschreiber (Edition Nr. 186, 1712, S. 1047–1049), der mit 500 fl. Gehalt ein seiner wichtigen Funktion entsprechendes Grundgehalt bezog. Für die Wälder des Bürgerspitals waren eigene Förster (zum Teil im Nebenerwerb) zuständig (für Kalksburg Edition Nr. 183, 1693, S. 1039–1041). Ein Grundschreiber war mit der lau- fenden Führung des spitaleigenen Grundbuches sowie der Pupillargelder (Waisengelder) betraut, zudem hatte er gegebenenfalls Verträge aufzusetzen (Edition Nr. 185, 1728, S. 1043–1047). Additiv dazu hatte der Remanenzer neben umgehender Kontrolltätigkeit alle Rückstände von Abgaben zu notieren und gegebenenfalls einzubringen (Edition Nr. 184, 1709, S. 1041–1043). Der im bischöflichen Zehentamt von St. Stephan befindliche Zehenthändler bereiste die weiträumigen Zehentbezirke, brachte den Zehent mit seinen Gehilfen (Zehentboten) ein und war neben dem Zehentunterhändler (Edition Nr. 190, 1713, S. 1055–1057) Hauptansprechperson für alle Zehentangelegenheiten (Edition Nr. 189, 1712). Der Ge- treidezehentkurent (traidzehencurent) hatte sich um die „gerechte“ Ablieferung des Ze- hents an das Wiener Bürgerspital zu kümmern (Edition Nr. 187, 1659, S. 1049–1052); ähnlich gelagert war die Tätigkeit des Kontributionskollektanten (Edition Nr. 188, 1780, S. 1052f.). Die Bediensteten des Bürgerspitals stellten eine „Familia“ dar, die nach festgesetzter Speise-Ordnung gemeinsam das Mahl einnahm. Am ersten, vom Spitalmeister präsidier- ten Tisch – der höchstrangigen Tafel – aßen der Spitalmeister und seine Frau, der Pfar- rer und seine Kapläne, der Grundschreiber, der Remanenzer und der Bierschreiber. Am zweiten Tisch speisten der Amtsschreiber, der Kastner, der Präzeptor (Schulmeister), der Schaffer, der Oberkellner, der Pfister und der Hofbinder. Am dritten Tischer versammel- ten sich die „niederen“ Dienstnehmer: der Unterkellner, der Müller, die Müllerjungen, die Herrenkutscher52. Instruktionen-Übersicht für das Wiener Bürgerspital Ober-, Unter- usw. wurde nicht für das Schlagwort berücksichtigt, in der Ebene darunter schon Archiv: WStLA, Bürgerspitalakten, Fasz. LVI, A 73 – 1. Teil, A 74 – 1. und 2. Teil, A 75 – 3. Teil. 50 ders., Weinbau und Alkoholproduktion 272f. 51 Ebd. 282f. 52 Altmann, Das Wiener Bürgerspital 57.
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Spital als Lebensform Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Spital als Lebensform
Untertitel
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
Band
1
Autoren
Martin Scheutz
Alfred Stefan Weiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79639-8
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorie
Medizin
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