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kann, nach Verlauf einer Generation werde auch die bi«her fast nur
passive russische Nation als active Macht und zwar im Sinne
der altslavischen Demokratie am Schauplatz der Wellbegebenheite»
auftreten. In die detaillirte Begründung diefer Thatfache kann
ich mich hier nicht einlassen, da sie mich weit von meinem Ziele
führen würde. Ich wollte nur andeuten, daß diejenigen, die sich
in süßen Hoffnungen auf die Rückkehr der alten Zeiten des Abso-
lutismus und Feudalismus wiegen, immer mehr an Boden ver-
lieren, daß diese Regierungsformen je lünger je entschiedener zu
einem Anachronismus sich gestalten, da sie weder im Leben noch
im Geiste unserer Zeit irgend wie festen Grund fassen können.
Ich wollte andeuten, daß jedwede Hoffnung auf ewen dauern-
den Erfolg jenes alten Absolutismus bei der wechselseitigen
Kräftigung des modernen und christlichen Geistes eitel sei; daß
jener Absolutismus nur dort gedeihe» könne, wo der Glaube an
eine an Verstand und Willen ewig unmündige Menschheit, die
ihre Führer stets von Obm haben mühe, noch vorherrscht, daß
jedoch dieser Glaube in allen Weltgegenden zusehends abstirbt und
daß es für einen Glauben, der unter den Menschen einmal abge-
storben ist, leine Auferstehung mehr giebt.
Deswegen will ich jedoch nicht behaupten, daß die Nu«
führung des Absolutismus in einer anderen bisher unbebmnten
Form bereits auch unmöglich geworden fei; die weitere LrwHgung
diefcs Gegenstandes wäre hier jedoch unstatthaft und ohne prakti-
schen Belang. Ich wenigstens bin überzeugt, daß sich, wie die
Sachen jetzt stehen, in Wien lein so „genialer" Staatsmann vor-
finden würde, der die Jahre 1848—65 aus dem Leben der österrei-
chischen Völler herauszureißen und das letzte Jahr an das Jahr
1847 mit dessen ehemaligem Wesen und Weben unmittelbar anzu-
pfropfen versuchen würde.
Damit fallen aber auch die Chancen derjenigen in nichts
zusammen, die im österreichischen Staate gerne die Herrschast einer
Partei über die andere in kirchlicher und nationaler Beziehung
d. h. die Herrschaft der katholischen Kirche und der deutschen Natio-
nalität verwirklicht sehen möchten. Wie nur derjenige Herr fein
kann, der zu seiner Verfügung Diener hat, eben so würde sich
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Buch Österreichs Staatsidee"
Österreichs Staatsidee
- Titel
- Österreichs Staatsidee
- Autor
- Franz Palacký
- Verlag
- I. L. Kober Verlag
- Ort
- Prag
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.7 x 21.5 cm
- Seiten
- 110
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918