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die Herrschaft eines kirchlichen oder nationalen Elementes nur
durch die gewaltsame Dienftbannachung der übrigen Elemente ver-
wirklichen lassen können.
Wenn aber das Gerechtigkeitsgefühl, das in der öffentlichen
Meinung der Neuzeit so stark sich ausspricht, bereits gegen die
Unterjochung von physischen Individuen sich erklärt, um wie viel
mehr müßte ein ähnliches Verfahren gegen moralische Personen,
Religionsvereine und ganze Nationen, das Gefühl der Humanität
und des wahren Christenthums verletzen, und könnte nur auch
dann und infofern nur durchgeführt werden, als diese Personen
geistig ein so abgestumpftes Leben führen würden, daß sie sich
nicht einmal zum Bewußtsein ihres natürlichen Rechtes erheben
könnten. Außerdem würde man zur Aufrechthaltung dieser Zwangs-
maßregeln wieder jenes utzrvu8 rerum sorsnällrum bedürfen, von
dem wir wissen, daß er unserem Staate mehr als irgend Etwas
andere abgeht.
Ohne mich jedoch in die Lehrsähe der kirchlichen Gleich-
berechtigung, der man auch in anderen Ländern außerhalb Oester»
reichs huldigt und in Österreich selbst keinen erheblichen Wider-
stand leistet, einzulassen, übergehe ich zur Gleichberechtigung der
Nationalitäten, die gerade unseren Staat mehr als irgend einen
anderen berührt und daher Anlaß und Gegenstand lebhafter und
weitgehender Discussionen bildet.
Prag, den 9. April 1865.
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Buch Österreichs Staatsidee"
Österreichs Staatsidee
- Titel
- Österreichs Staatsidee
- Autor
- Franz Palacký
- Verlag
- I. L. Kober Verlag
- Ort
- Prag
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.7 x 21.5 cm
- Seiten
- 110
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918