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Herzen nicht wünsche. Es laßt sich nicht verhehlen, daß bei den
Kroaten noch ein anderes Moment in's Gewicht fällt, das wie
eine in jeder Beziehung irrationale Größe, mit der jedwedes Zäh-
len schwer fällt, weniger sichtbar als nachhaltig auftritt. Es ist
dies der schwer unterdrückte Unwille, daß man ihnen für all die
unendlichen Opfer, die sie zum Bortheile der Einheit und Untheil-
barteit des Reiches gebracht haben, nicht nur nicht denselben, fondern
sogar einen weit geringeren Ersatz bereiten will, als Denjenigen,
gegen die sie sich aufgeopfert haben; denn es wird weder das
dreieinige Königreich constituirt, noch die Militärgränze civilisirt
und während es überall Überfluß giebt an Blättern, die im centra-
liftlschen und dualistischen Sinne agitiren, wird ihnen in ihrem
Lande und ihrer Sprache immer noch die Erlaubniß zur Heraus-
gabe eines föderalistischen Journals verweigert usf. Was Wunder,
wenn die dadurch entstammten Leidenschaften selbst auf extreme
Wege gerathen und Manche in ihrer Erbitterung mit einer Partei
ein Bündniß schließen wollten, die, wie sie selbst sagen, ihre Hoff-
nungen wenigstens noch nicht getäuscht hat? Indessen sollten sich
die croatisch en Patrioten durch dieses Gefühl und jene Sicherheit,
die ihre Nationalität für jetzt (und man tonnte wohl sagen, inte-
rimistisch) genießt, nicht von dem Wege abführen lassen, der zwar
nicht zur Herrschaft, auch nicht zur Dienstbarteit, sondern zum
gleichen Recht für Alle führt. ES würde unnütz sein läugnen zu
wollen, daß jede Participirung mit Wien oder Pest in der Legis-
lative aller solchen Angelegenheiten, die nicht unumgänglich zur
Einheit und Untheilbarkeit des Reiches gehören, endlich nur zum
Verderben ihrer Sprache und Nationalität ausarten muß; wird
denn etwa das Pester oder Wiener Parlament mehr Sorge
zum Beispiel um ihr Schulwesen tragen, als ihr eigener
Landtag?
Daß der gemeinschaftliche Reichstag, wofern er auf dem
Oltoberdiplom und den föderalistischen Principien begründet sein
wird, eine ganz andere Zusammensetzung und Geschäftsordnung
erhalten muß, als der jetzige weitere und engere Reichsrath, ver-
steht sich wohl von selbst; er wird dann nichts anderes fein, als
eine Deputazion von verschiedenen Landtagen, die stets und reg el-
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Buch Österreichs Staatsidee"
Österreichs Staatsidee
- Titel
- Österreichs Staatsidee
- Autor
- Franz Palacký
- Verlag
- I. L. Kober Verlag
- Ort
- Prag
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.7 x 21.5 cm
- Seiten
- 110
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918