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Österreichs Staatsidee
Seite - 74 -
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74 Hilfe unserer Nachbarn, oder gegen dieselben erreicht haben. Könnte man hier darüber eines längeren verhandeln, so würde ich nicht anstehen zuzugeben, daß auch in den moralischen Charakteren und den Leidenschaften verschiedener Völler gewisse Differenzen und ent- schiedene Ungleichheiten sich herausstellen, und es wird hoffentlich nichts Unangenehmes oder Beleidigendes darin liegen, wenn ich behaupte, daß die Summe aller Nationaltugenden oder Unwgenben auf mehren Seiten gleich sein kann, wenn auch die Coefficlenten ungleich wären; aber ich läugne und werde es immer unbedingt und entschieden thun, daß irgend eine Nation von Gott oder der Natur und nicht etwa durch langjährige Traditionen und Bildung einen höheren inneren Werth erlangt habe. Die Nationen bestehen ja nicht etwa erst feit zwei oder drei Iahrtaufenden, seitdem man ihre Traditionen verfolgen kann; die Deutschen aber, die sich so gern zum Gegensah der Slaven machen, sollten nicht so bald das Wort des ersten Forschers ihres nationalen Lebens, Jakob Grimm, vergessen, der als Hauptrefultat aller seiner Studien das angab, daß der gesammte deutsche Stamm in der ganzen Genealogie der Völker keinen näheren oder wenigstens so nahen Verwandten be- fitze, als die Slaven. Itar» oonooräj» lratrum! Wenn wir jedoch die Sache näher bettachten, so wird man sich des Verdachtes nicht entledigen können, daß die Deutschen mit ihrem Geschrei von natürlichen Borzügen, die sie vor uns haben, nur ihr Gewissen beschwichtigen wollen, da sie selbst von ihnen nicht überzeugt find; denn sonst wäre es wirklich unbegreiflich, warum sie zögern sollten mit uns den Wettlauf in gleicher Rüstung an- zutreten, wenn sie ihrer Vorzüge und ihres Sieges gewiß wären. Deßwegen aber, daß bei einem solchen Wetttampfe Gerechtigkeit gewahrt werde, verlangen und können wir auch mit Recht ver» langen, daß dem jahrhundertelangen Unrecht endlich ein Ende ge- macht und die nicht natürliche, fondern nur faktische Ungleichheit nicht immer von Neuem wieder angefacht werde. Wir können und müssen verlangen, daß der Staat für das Geld, daß wir ebenso wie Deutsche zahlen müssen, in unserem Lande nicht deutsche Ämter und Schulen allein unterstütze; wir müssen verlangen, daß so oft sich Gelegenheit zur Errichtung einer böhmischen Lehrkanzel
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Österreichs Staatsidee
Titel
Österreichs Staatsidee
Autor
Franz Palacký
Verlag
I. L. Kober Verlag
Ort
Prag
Datum
1866
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
14.7 x 21.5 cm
Seiten
110
Kategorien
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