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Österreichs Staatsidee
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91 dir selbst nicht wünschest, thue auch Anderen nicht an. Jede, wie immer geartete Bevorrechtung, jedes Privilegium, jede Untertänigkeit, die sich nicht natürlich und nothwendig aus der Erreichung der Staatszwecke ergiebt, tann daher für nichts Anderes angesehen werden, als für eine faltische Rechtsexemtion, also für eine Nega- tion des Rechtes, d. h. für Unrecht, Unbill und Ungerechtigkeit. Ein jedes Privilegium kann nur mit Gewalt, nicht aber mit Recht im Staate eingeführt und erhalten werden; Gewalt führt aber stets nur abnormale Kriegszustände mit sich, in denen alles natür- liche Recht geleugnet wird, hinsiecht und abstirbt. Wenn wir nun diese Sitze, die schon an sich klar und wider- spruchslos find, auf die faktischen Verhältnisse der Völker in Öfter- reich anwenden, so werden wir anerkennen müssen, daß bei aller Verschiedenheit dieser Nationen ihre ungeschmälerte Gleichberech- t igung nicht nur als unumgängliche Grundbedingung der ge- fammten Konstitution, sondern als die moralische Basis des Reiches selbst betrachtet werden muß, daß daher von einer Oberherrlichleit der Deutschen und Magyaren über die Slaven und Rumänen auch nicht mehr die Rede sein darf; widrigenfalls wir aus dem Bereiche des Rechts wieder nur in Gewaltthätigkeit und Ungerech- tigkeit verfallen würden und der Rechtsstaat für uns in einen Gewaltstaat und Frieden in Krieg, (wenn letzterer auch anschei- nend niedergehalten würde) sich umwandeln müßte. Ist nun Alles, was bisher gesagt wurde, wahr, so ist die Frage über die Centralisatiyn, die unser Ministerium in Öfterreich einführen und befestigen will, bereits durch sich selbst erledigt. Eine solche Centralisation paßt schon aus dem Grunde nicht für Österreich, weil sie in directem und unvermeidlichen Widerspruch mit der Gleichberechtigung der Völker, dieser sittlichen Grundlage des gesummten Reiches und der Eonstitution, steht. Zwar pflegt auch das Ministerium von Gleichberechtigung zu sprechen: wenn wir aber die Art und Weise erwägen, in der sie dieselbe so gern durchführen möchte, so müßten wir ihren Sinn in der That also formuliren: Gleichberechtigung aller Nationalitäten in Österreich unter Borherrschaft der Deutschen. Ist das etwa auch noch Gleich- berechtigung? kann eine solche Oberherrlichkeit den übrigen Natio-
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Österreichs Staatsidee
Titel
Österreichs Staatsidee
Autor
Franz Palacký
Verlag
I. L. Kober Verlag
Ort
Prag
Datum
1866
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
14.7 x 21.5 cm
Seiten
110
Kategorien
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