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Verhandlungen zu den Besatzungszonen
Europa nach dem Krieg gewinnen wollte, nahm den sowjetischen Vorschlag
positiv auf, und Viscount Samuel Hood, ein Mitglied der britischen EAC-De-
legation, bezeichnete ihn in einem Memorandum im Foreign Office vom 18.
April 1944 als „the best we can hope for“.45 Einwände kamen hingegen von
der amerikanischen Seite, die davor zurückschreckte, Truppen in Mitteleuro-
pa für Besatzungsaufgaben zu binden, die man im Fernen Osten dringender
zu benötigen schien.46
Die weiteren sowjetischen Planungen zu den Besatzungszonen in Deutsch-
land und Österreich gingen zügig voran. Am 25. März 1944 begann die
Vorošilov-Kommission mit der Ausarbeitung eines Protokolls über die Be-
setzung Deutschlands, worin auch die Aufteilung Österreichs in drei Besat-
zungszonen festgelegt wurde.47 Der fertige Entwurf lag am 17. April 1944 vor.
Demnach sollte die sowjetische Zone das Gebiet östlich der Linie Retz – Horn
– Krems, entlang des rechten Donauufers nach Tulln, weiter über Hainfeld
– Mürzsteg – Turnau – Bruck – Leoben bis zur Südgrenze Österreichs umfas-
sen; die – deutlich benachteiligte – britische Zone reichte westlich dieser Linie
bis zur Linie Passau – Enns – Eisenerz – Leoben; die amerikanische Zone be-
stand aus Oberösterreich südlich der Donau, den Bezirken Liezen und Mu-
rau, Kärnten westlich der Lavant sowie ganz Salzburg, Tirol und Vorarlberg.
Der Personenverkehr zwischen den Zonen wurde mit der Vorlage gesonder-
ter Ausweispapiere reglementiert.48
Am folgenden Tag diskutierte die Kommission unter Vorsitz des stellver-
tretenden Volkskommissars für auswärtige Angelegenheiten, Ivan Majskij,
diesen Vorschlag. Majskij betonte dabei, die Zonengrenzen müssten haupt-
sächlich anhand der Verwaltungsgrenzen zwischen den einzelnen Bundes-
ländern oder Gemeinden gezogen werden. Die administrative Gliederung
Österreichs war offensichtlich bis dahin nicht beachtet worden, denn für
die folgende Sitzung wurde eine Karte Österreichs „unter Angabe der Pro-
vinzen“ verlangt. Ein weiterer „praktischer“ Einwand betraf die Verteilung
der Industriestandorte und der Bevölkerung, wobei alle drei Zonen etwa die
gleiche Einwohnerzahl aufweisen sollten. Außerdem hob Majskij hervor, die
gesamte Aufteilung der Besatzungszonen in Österreich sei so vorzunehmen,
„dass die sowjetische Zone möglichst sowohl an Jugoslawien als auch an die
Tschechoslowakei grenze“. Admiral Ivan Isakov wies – insbesondere im Hin-
45 Zit. nach: Aichinger, Sowjetische Österreichpolitik, S. 66.
46 Ebd.
47 Mueller, Die sowjetische Besatzung in Österreich, S. 28.
48 AVP RF, F. 0511, op. 1, p. 2, d. 6, S. 197–200, Protokoll zur Besetzung Deutschlands, 17.4.1944. Ab-
gedruckt in: Laufer – Kynin, Die UdSSR und die deutsche Frage, Bd. 1, S. 375–377, hier: S. 377; vgl.
Filitov, Die sowjetischen Planungen zu Österreich, S. 6.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918