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I. Vorgeschichte: Sowjetische
Österreichplanung44
blick auf die Versorgung der Besatzungstruppen nach Kriegsende – auf die
Notwendigkeit hin, sowohl per Bahn als auch über Donauschifffahrtswege in
die sowjetische Zone gelangen zu können.49
Bei der Sitzung am 30. April 1944 kehrte die Vorošilov-Kommission – of-
fensichtlich mithilfe einer entsprechenden Karte – zur Zonenaufteilung zu-
rück und ordnete nun das Burgenland, die Hälfte Niederösterreichs und der
Steiermark der sowjetischen Zone, die andere Hälfte Niederösterreichs, der
Steiermark sowie die Hälfte Kärntens der britischen und Oberösterreich,
Salzburg, Tirol und die zweite Hälfte Kärntens der amerikanischen Zone zu,
wodurch die starke Benachteiligung der britischen Zone aufgehoben wurde.
Die Bevölkerungszahl lag somit in jeder der drei Zonen – unter Ausklam-
merung Wiens mit rund 1,9 Millionen Einwohnern – bei etwa 1,5 Millionen
Personen. Der Ostteil Wiens bis zum Donaukanal war als sowjetische Besat-
zungszone, der gesamte restliche Teil der Stadt als anglo-amerikanische Zone
vorgesehen.50 Wenig später erteilte das Volkskommissariat für auswärtige
Angelegenheiten Gusev eine Direktive darüber, dass für die sowjetische Seite
„die Frage der Zonen, inklusive einer Besetzung Österreichs durch die drei
alliierten Armeen, von wesentlicher Bedeutung“ sei.51
Die somit bereits relativ konkreten sowjetischen Planungen blieben jedoch
vorerst noch unveröffentlicht. Bei den Beratungen der EAC ab Mitte April stand
die deutsche Frage im Mittelpunkt des Interesses, während Groß
britannien
gleichzeitig bemüht war, die amerikanische Zustimmung zu einer Drei-Mächte-
Besetzung Österreichs zu erhalten. Allerdings band die ablehnende Haltung
des State Departments in der Frage einer amerikanischen Beteiligung an der
Besetzung Österreichs Botschafter John Gilbert Winant die Hände, was die Ver-
handlungen mit der sowjetischen und britischen Seite blockierte. Winant reiste
daher Ende Mai in die USA, wo es ihm gelang, Präsident Roosevelt in einer
persönlichen Unterredung am 26. Mai 1944 vom Prinzip einer Drei-Mächte-
Kontrolle für Österreich zu überzeugen. Nach London zurückgekehrt, gab Wi-
nant dies am 31. Mai in der EAC bekannt.52 Am 12. Juni 1944 präsentierten die
49 AVP RF, F. 06, op. 6, p. 15, d. 150, S. 75–78, Aus dem Tagebuch der Vorošilov-Kommission,
18.4.1944. Abgedruckt in: Laufer – Kynin, Die UdSSR und die deutsche Frage, Bd. 1, S. 378–380,
hier: S. 380.
50 AVP RF, F. 06, op. 6, p. 15, d. 150, S. 99–104, Aus dem Tagebuch der Vorošilov-Kommission,
30.4.1944. Abgedruckt in: Laufer – Kynin, Die UdSSR und die deutsche Frage, Bd. 1, S. 381–385,
hier: S. 385.
51 AVP RF, F. 07, op. 10, p. 13, d. 159, S. 77–84, Bericht der 2. Europäischen Abteilung des Volks-
kommissariates für auswärtige Angelegenheiten der UdSSR über den Verlauf der Erörterung von
Fragen zur Besetzung Österreichs in der EAC, 17.9.1944. Abgedruckt in: Karner – Stelzl-Marx –
Tschubarjan, Die Rote Armee in Österreich, Dok. Nr. 4.
52 Aichinger, Sowjetische Österreich-Politik, S. 67.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918