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Verhandlungen zu den Besatzungszonen
Ende November 1944 mit einem Appell an Präsident Roosevelt, die USA
mögen sich an einer Besetzung Österreichs beteiligen. Als Argument führte
Donaldson vor allem die negativen Erfahrungen mit der sowjetischen Politik
in Rumänien und Bulgarien ins Treffen, wo mit nomineller westlicher Beteili-
gung Alliierte Kontrollkommissionen gegründet worden waren, deren west-
liche Mitglieder allerdings nicht zuletzt wegen der ausschließlich sowjeti-
schen Besetzung dieser Länder machtlos waren.59 Am 9. Dezember stimmten
Roosevelt und Außenminister Edward R. Stettinius schließlich der Errichtung
einer amerikanischen Besatzungszone in Österreich zu, die an das als ameri-
kanische Zone vorgesehene Bayern anschließen sollte.60
Die britische Antwort auf den sowjetischen Zonenentwurf vom November
1944 ließ zunächst auf sich warten. Am 20. Jänner 1945 waren sich die briti-
schen Stabschefs darüber einig, den Sowjets anstelle der geplanten Teilung
quer durch Niederösterreich und die Steiermark den Vorschlag zu unterbrei-
ten, die britische Zone solle aus Kärnten und der ganzen Steiermark bestehen.61
Am 30. Jänner 1945 ließen die Briten in der Europäischen Beratenden Kom-
mission einen neuen Zonenplan zirkulieren, der erstmals eine französische
Beteiligung an der Besetzung Österreichs beinhaltete und der zur Grundlage
des endgültigen Zonenabkommens werden sollte.62 Die Franzosen waren im
November 1944 auf Betreiben der Briten in die EAC aufgenommen worden
und hatten im Jänner 1945 neben einer Zone in Deutschland auch eine Zone
in Österreich gefordert. Der nun ausgearbeitete Vorschlag der Briten – För-
derer der Stellung Frankreichs in Europa – sah folgende vierfache Besetzung
Österreichs vor: Die Sowjetunion sollte das Gebiet Niederösterreichs – ohne
Wien – und den Nordteil des Burgenlandes erhalten; die Steiermark, Kärnten,
Osttirol und der südliche Teil des Burgenlandes sollten zur britischen Zone
gehören; Oberösterreich und Salzburg wurden der amerikanischen Zone zu-
gerechnet; und Tirol und Vorarlberg sollten unter französische Besatzung
kommen.63 Diesem Plan stimmten die Sowjets unter anderem deswegen nicht
zu, da sie – im Gegensatz zu den Briten – von den alten österreichischen Bun-
desländer- und nicht von den „Gaugrenzen“ mit der überdimensionierten
Größe des „Reichsgaues Wien“ ausgingen.64
59 Stourzh, Um Einheit und Freiheit, S. 29f., Aichinger, Sowjetische Österreichpolitik, S. 82; Mueller,
Die sowjetische Besatzung Österreichs, S. 32.
60 Stourzh, Um Einheit und Freiheit, S. 29f.; Fritz Fellner, Die außenpolitische und völkerrechtliche Si-
tuation Österreichs 1938: Österreichs Wiederherstellung als Kriegsziel der Alliierten, in: Erika Wein-
zierl – Kurt Skalnik (Hg.), Österreich: Die Zweite Republik. Bd. 1. Graz 1972, S. 53–90, hier: S. 79f.
61 Rauchensteiner, Um Einheit und Freiheit, S. 39.
62 Aichinger, Sowjetische Österreichpolitik, S. 85.
63 Ebd.; Stourzh, Um Einheit und Freiheit, S. 30.
64 Rauchensteiner, Der Krieg, S. 19.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918