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3. Die Alliierte Kommission:
Planungen und Aufgaben
Parallel zu den Verhandlungen über die Zoneneinteilung widmete sich die
Europäische Beratende Kommission der Konzeption eines alliierten Kontroll-
apparates für Österreich. Am 21. August 1944 ließ der britische Delegierte
Strang den Entwurf eines Kontrollabkommens für Österreich zirkulieren,86
der sich stark an das am 15. Jänner 1944 vorgelegte Memorandum „Alliier-
ter Kontrollapparat in Deutschland während der Besatzungsphase“ anlehnte
und auf frühere (im italienischen Kontext entwickelte) Überlegungen vom Juli
1943 zurückgriff. Ausgangspunkt und Grundlage der britischen Vorschläge
für die Besatzungsverwaltung in Deutschland und Europa war Dwight D. Ei-
senhowers Dreiphasenmodell: militärische Rumpf-Kontrollkommission, voll
ausgebildete Kontrollkommission sowie zivile Hohe Kommission.87
Von sowjetischer Seite lagen zunächst keine eigenen Planungen zu Öster-
reich vor. Die internen Überlegungen der Vorošilov-Kommission über den
Kontrollmechanismus in Deutschland vom Frühjahr 1944 hatten vorgesehen,
dass im ersten Zeitabschnitt jedem der Oberbefehlshaber die oberste Ge-
walt in der entsprechenden Besatzungszone zustehen sollte.88 Wie Vorošilov
noch im Juni 1944 gegenüber Stalin betont hatte, hätte die Bildung eines in-
teralliierten, über den Oberbefehlshabern stehenden Organs von vornherein
impliziert, dass „die UdSSR dort in der Minderheit [wäre], was sich – ver-
ständlicherweise – in der praktischen Arbeit [...] schädlich auswirken“ wür-
de. Für die Behandlung von Fragen, die alle drei Zonen gemeinsam betrafen,
sollten zunächst lediglich folgende Institutionen ins Leben gerufen werden:
die „Beratung der Oberbefehlshaber“, ein Koordinierungsausschuss mit Ver-
tretern dieser Oberbefehlshaber sowie zwei interalliierte Kommissionen für
Reparationsleistungen und für Angelegenheiten der Kriegsgefangenen und
Internierten der Vereinten Nationen.89 Erst wenn sich die Lage in Deutsch-
land „etwas beruhigt“ hätte, würde „möglicherweise Bedarf“ entstehen, die
86 Mueller, Die sowjetische Besatzung in Österreich, S. 30.
87 Mai, Der Alliierte Kontrollrat in Deutschland, S. 18f.
88 AVP RF, F. 0511, op. 1, p. 2, d. 6, S. 83–85, Bericht der Vorošilov-Kommission zum Kontrollmecha-
nismus in Deutschland, 16.3.1944. Abgedruckt in: Laufer – Kynin, Die UdSSR und die deutsche Fra-
ge, Bd. 1, S. 371–373, hier: S. 372; AVP RF, F. 06, op. 6, p. 15, d. 150, S. 452–455, Vorošilov an Molotov,
12.5.1944. Abgedruckt in: Laufer – Kynin, Die UdSSR und die deutsche Frage, Bd. 1, S. 395–398;
AVP RF, F. 06, op. 6, p. 15, d. 150, S. 456–459, Entwurf zum Kontrollmechanismus für Deutschland,
12.5.1944. Abgedruckt in: Laufer – Kynin, Die UdSSR und die deutsche Frage, Bd. 1, S. 398–401.
89 AVP RF, F. 06, op. 6, p. 15, d. 150, S. 460f., Vorošilov an Stalin, 12.6.1944. Abgedruckt in: Laufer –
Kynin, Die UdSSR und die deutsche Frage, Bd. 1, S. 408f.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918