Seite - 59 - in Stalins Soldaten in Österreich - Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Bild der Seite - 59 -
Text der Seite - 59 -
593.
Die Alliierte Kommission
alle vier Alliierten aufrechtzuerhalten, was eine zeitlich genaue Begrenzung
der Besatzung Österreichs bedeutet hätte. Diese präzise Formulierung sollte
jedoch keinen Eingang in das endgültige Kontrollabkommen finden.99
Analog zum Zonenabkommen begann nun auch die letzte Phase der Ver-
handlungen über den Kontrollmechanismus. In der Zwischenzeit hatten
die Truppen der 3. Ukrainischen Front am 29. März 1945 die österreichische
Grenze überschritten. Die sowjetische Delegation ließ am 4. April 1945 so-
wohl geringfügige Korrekturen zum Kontrollabkommen als auch ihre Reak-
tion auf den britischen Zonenvorschlag zirkulieren.100 Wenig später befreite
die Rote Armee Wien und Teile Ostösterreichs. Wie vorab erwähnt, hatten
die Westalliierten die Schnelligkeit unterschätzt, mit der im April 1945 unter
aktiver Mithilfe der sowjetischen Besatzungsmacht die provisorische öster-
reichische Staatsregierung unter Karl Renner zustande gekommen war. Wäh-
rend in London noch die Verhandlungen liefen, gelang es der provisorischen
Staatsregierung erstaunlich rasch, sowohl die österreichische Staatsverwal-
tung wieder in Gang zu bringen als auch ein beachtliches Programm an Ge-
setzgebungen zu realisieren. Der alliierte Kontrollapparat war zu dieser Zeit
immer noch nicht fixiert.
Anfang Juni formulierte der stellvertretende sowjetische Politberater für
Österreich, Michail Koptelov,101 mehrere Vorschläge für das Kommissariat
für auswärtige Angelegenheiten, welche sich aus seinen Beobachtungen vor
Ort ergeben haben dürften. Sie sollten der „Verbesserung der wirtschaftli-
chen und politischen Verhältnisse in Österreich“ und somit einer „Erhöhung
der Effizienz unserer Arbeit“ dienen.102 Neben der zu erzielenden Einigung
mit den Alliierten über die Anerkennung der gebildeten provisorischen Re-
gierung betonte er die Notwendigkeit, die durch die Zonen bedingte innere
Isolation zu beseitigen. „Die Besatzungszonen“, so Koptelov weiter, „dürfen
bloß Zonen zur Dislozierung von Truppenverbänden der Alliierten sein,
nicht jedoch Einflusssphären.“103 Im Zusammenhang mit dem Kontrollme-
chanismus lehnte er die Bildung einer sperrigen und umständlichen Kontroll-
99 Ebd., S. 40.
100 AVP RF, F. 066, op. 25, p. 119, d. 11, S. 12f., Korrekturen der sowjetischen Delegation zum Kon-
trollabkommen, 1.2.1945; United States Department of State (Hg.), Foreign Relations of the United
States. Diplomatic Papers. 1945 Vol. III. European Advisory Commission – Austria – Germany.
Washington, D. C. 1968, S. 42f., Winant an Stettinius, 4.4.1945; Mueller, Die sowjetische Besatzung
Österreichs, S. 35.
101 Siehe dazu auch das Kapitel A.III.2.2 „Der Politische Berater für Österreich“ in diesem Band.
102 AVP RF, F. 066, op. 25, p. 118a, d. 2, S. 3f., Vorschläge von Michail Koptelov zur österreichischen
Frage [nicht nach dem 3.6.1945]. Abgedruckt in: Karner – Stelzl-Marx – Tschubarjan, Die Rote Ar-
mee in Österreich, Dok. Nr. 62.
103 Ruggenthaler, Warum Österreich nicht sowjetisiert wurde, S. 653.
zurück zum
Buch Stalins Soldaten in Österreich - Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955"
Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918