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I. Vorgeschichte: Sowjetische
Österreichplanung62
Die Innenstadt Wiens verwaltete die Interalliierte Kommandantur als
Teil des für ganz Österreich vorgesehenen alliierten Kontrollsystems (Arti-
kel 11). Bestehend aus vier von den jeweiligen Bevollmächtigten ernannten
Kommandanten war es ihre Aufgabe, die Verwaltung der Stadt Wien ge-
meinsam zu leiten. Auch hier übernahm jeder der Kommandanten in seiner
Eigenschaft als Hauptkommandant turnusmäßig den Vorsitz. Der allgemei-
nen Leitung des Alliierten Rates unterstellt, erhielt die „Kommandatura“ ihre
Weisungen auf dem Weg über das Exekutivkomitee. Die Wiener Interalliierte
Kommandantur war im Justizpalast untergebracht und übersiedelte erst 1953
in das Hauptgebäude der Alliierten Kommission auf dem Stalinplatz, vor-
mals Schwarzenbergplatz.113
Weltweit einmalig war die Interalliierte Militärpatrouille, die, aus je einem
Vertreter der Alliierten bestehend, den ersten Wiener Gemeindebezirk und
die vier Besatzungszonen Wiens kontrollierte. Insgesamt versahen täglich
zehn Streifenfahrzeuge den Dienst, wobei jeder der vier Zonen ein Wagen
zugewiesen war, ein weiterer den ersten Bezirk kontrollierte und fünf in Be-
reitschaft standen. Neben der Unterstützung der Wiener Polizei bestand ihre
Hauptaufgabe darin, bei Bedarf gegen Angehörige der Besatzungsmächte
einzuschreiten, wozu die Wiener Polizei nicht berechtigt war. Da die ame-
rikanische Besatzungsmacht die Fahrzeuge bereitstellte, wurden sie auch in
deren Quartier in der Stiftskaserne untergebracht. Obwohl lediglich in den
ersten Monaten der Besatzung ein Jeep und bereits seit 1946 ein Dodge-Mili-
tärgeländewagen und ab März 1953 eine Chevrolet-Limousine zum Einsatz
kamen, entstand der bis heute tradierte Topos der „Vier im Jeep“. Eher un-
bekannt sind hingegen die sowjetischen GAZ Pobeda, die ab 1951 als Fahr-
zeuge der Internationalen Militärpatrouille eingesetzt wurden. Zusätzlich zu
dieser Interalliierten Militärpatrouille verfügte jede der vier Mächte in ihrem
Bereich über eine eigene Militärpolizei, die jedoch nur in der jeweiligen Zone
tätig sein durfte.114
Das mit diesem Abkommen vom 4. Juli 1945 vereinbarte alliierte Kon-
trollsystem sollte nur bis zur Errichtung einer von allen vier Mächten aner-
kannten österreichischen Regierung wirksam sein, wobei die bereits seit Ende
April existierende provisorische Regierung im Ersten Kontrollabkommen
keine Erwähnung fand. Die Alliierten behielten sich allerdings vor, zu einem
späteren Zeitpunkt ein neues Abkommen abzuschließen, das „die Art und
den Umfang der Weisungen und Ratschläge“ festsetzen würde, „welche die
Alliierten Österreich nach der Errichtung einer frei gewählten und von den
113 Rauchensteiner, Die Wiener Interalliierte Kommandantur, S. 396.
114 Ebd., S. 417f.; Fischer, Die Vier im Jeep, S. 3; Dornik, Besatzungsalltag in Wien, S. 452.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918