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Stalins Soldaten in Österreich - Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Seite - 74 -
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II. Kriegsende in Österreich74 auf die heroischen Kapitel in der russischen Geschichte gestärkt wurde. Die Geschichtstradition wurde wiederbelebt, der „Suvorovorden“ und der „Ku- tuzovorden“ eingeführt.28 Begriffe wie „Vaterland“, „Heimat“, „Kamerad“, die bis dahin ausschließlich im bolschewistischen Sinn gebraucht worden waren, erhielten nun einen neuen Inhalt. Sie sollten zur Solidarisierung des gesamten Volkes bei der Verteidigung von „Mutter Heimat“ gegen ihre Un- terdrücker führen. Das andere Thema war der Hass auf den Feind, der ohne alle menschli- chen Züge, ohne Gewissen und Ehre dargestellt wurde. Dem gezielt geschür- ten Hass fiel die Funktion zu, die sowjetischen Völker durch eine gemein- same Idee zusammenzuschweißen und die Truppen zu mobilisieren. Fast jeder sowjetische Soldat hatte eine persönliche Rechnung mit den deutschen Besatzern zu begleichen, viele waren selbst Augenzeugen von deutschen Gräueltaten geworden. Hass war das dominierende Gefühl sowohl an der Front als auch im sowjetischen Hinterland und entwickelte sich zur wichtigs- ten Voraussetzung für den Erhalt der Kampffähigkeit der Truppen.29 Dabei galt die Zahl der getöteten Feinde als Maß des Hasses und damit zugleich als Maß der Liebe zur Heimat.30 Die Armeezeitungen enthielten eigene Rub- riken unter der Überschrift „Wie viele Faschisten hast du getötet?“. Sie infor- mierten über die eigens ausgerufenen „Wettbewerbe der Vernichtung der Fa- schisten“, worin besonders „erfolgreiche“ Soldaten als Vorbilder namentliche Erwähnung fanden. Die von ihnen getöteten „Faschisten“ und „Fritzen“ fun- gierten als anonyme Zahlen, die wie bei Sportwettbewerben den jeweiligen „Spielstand“ wiedergaben: „Aufklärer Loskutov: 5 [getötete ‚Faschisten‘].“31 Als Ergebnis des propagandistischen Informationsprozesses entwickelte sich ein verallgemeinertes, kollektiv geschaffenes Feindbild.32 Die offiziel- le Propaganda basierte dabei auf der kategorischen Entgegensetzung: „das Eigene – das Fremde“. Parallel dazu entstand ein subjektives, individuelles Feindbild als Ergebnis einer konkreten Erfahrung des Einzelnen im Krieg. 28 Gorjajewa, „Wenn morgen Krieg ist …“, S. 444. 29 Senjavskaja, Deutschland und die Deutschen, S. 255. 30 Tischler, Die Vereinfachung des Genossen Ėrenburg, S. 329. 31 Vgl. etwa: Skol’ko fašistov ty ubil? Predmajskoe boevoe sorevnovanie, in: Boevoe znamja, 1.5.1942, S. 1; Sol’ko fašistov ty ubil? Pervaja vstreča. Kulikov: 1, in: Boevoe znajmja, 19.4.1942, S. 1; Skol’ko fašistov ty ubil? Metkij ogon kon’šakovcev. Orudijnyj rasčet Kon’šakova: 50, in: Boevoe znamja, 17.4.1942, S. 1; Skol’ko fašistov ty ubil? Krušite smertnym boem nasil’nikov-zverej za dikie razboi, za gore materej! Ranulov: 4, in: Boevoe znamja, 26.4.1942, S. 1; Skol’ko fašistov ty ubil? Razvedčiki istrebljaut vraga. Razvedčiki Loskutova: 5, in: Boevoe znamja, 3.5.1942, S. 2. 32 Zur Konstruktion von Feindbildern im Sozialismus vgl. Silke Satjukow – Rainer Gries, Feindbilder des Sozialismus. Eine theoretische Einführung, in: Silke Satjukow – Rainer Gries (Hg.), Unsere Fein- de. Konstruktionen des Anderen im Sozialismus. Leipzig 2004, S. 13–74.
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Stalins Soldaten in Österreich Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
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Titel
Stalins Soldaten in Österreich
Untertitel
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Autor
Barbara Stelzl-Marx
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78700-6
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
874
Kategorien
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