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Stalins Soldaten in Österreich - Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
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1. Der Wandel des Feindbildes: sowjetische Propaganda 81 ihr unterhalten. Er ist über sie erhaben. Er verachtet sie dafür, dass sie die Frau eines Schlächters ist, und dafür, dass sie hinterhältige Freunde hat. Der sowjetische Soldat wird an der deutschen Frau schweigend vorbeigehen.“59 Welch große Bedeutung dieser Aussage beigemessen wurde, zeigt auch der Umstand, dass das Zitat als Extraflugblatt abgedruckt und in der Roten Ar- mee verteilt wurde. Ėrenburgs Texte waren außerordentlich massenwirksam formuliert. Mit ihrer suggestiven Kraft eigneten sie sich für die sowjetische Propaganda ebenso wie für die deutsche Gegenpropaganda. Noch in den letzten Kriegs- tagen erschienen deutsche Kampfblätter, die mit Ėrenburgs Zitaten zum „Endkampf“ mobilisieren sollten.60 So blieb auch für große Teile der deut- schen und österreichischen Öffentlichkeit die Vorstellung von Ėrenburg als Deutschenhasser und fanatischem Agitator bestehen, der durch seine Pro- paganda wesentlich zu den Exzessen zu Kriegsende beigetragen habe. Die- ses Bild schließt teilweise an das nationalsozialistische Propagandabild des „vaterlandslosen Asphaltliteraten“ und „Stalinschen Hausjuden“, wie Hitler ihn bezeichnete, an. Besonders ab 1950 berief man sich immer wieder auf das Flugblatt, in dem Ėrenburg angeblich zu Vergewaltigungen aufgerufen ha- be.61 1.1.5 Wendepunkt Stalingrad Für beide Seiten war die Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/1943 der Wendepunkt. Als die Rote Armee Anfang 1943 zur Offensive überging, wur- de dies als Stunde der beginnenden Abrechnung empfunden. Während des Vormarsches konnten sich die Truppen ihr eigenes Bild von den schreck- lichen Folgen der deutschen Besatzung in diesen Gebieten machen.62 Dies bestärkte sie in ihrem Vorhaben, die „deutsch-faschistischen Besatzer“ zu vernichten.63 „Rachemeetings“ und „Rechnungen für die Rache“ gehörten zum Frontalltag: Jede Kompanie legte ein Heft an, in das alle Soldaten ein- trugen, welches Unglück ihnen persönlich durch den Feind widerfahren war. In den Politabteilungen wurden Fotos deutscher Verbrechen gesammelt und in Wandvitrinen ausgestellt. Jeder Soldat sollte zudem sein persönliches „Ra- 59 Zit. nach: Tischler, Die Vereinfachung des Genossen Ėrenburg, S. 333. 60 Ilko-Sascha Kowalczuk – Stefan Wolle, Roter Stern über Deutschland. Sowjetische Truppen in der DDR. Berlin 2001, S. 31–34; Peter Jahn, Ilja Ehrenburg und die Deutschen, in: Peter Jahn (Hg.), Ilja Ehrenburg und die Deutschen. Museum Berlin-Karlshorst. Berlin 1997, S. 7–8. 61 Jahn, Ilja Ehrenburg und die Deutschen, S. 7. 62 Perepelicyn – Timofeeva, Das Deutschen-Bild in der sowjetischen Militärpropaganda, S. 277. 63 Semirjaga, Die Rote Armee in Deutschland, S. 203.
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Stalins Soldaten in Österreich Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Stalins Soldaten in Österreich
Untertitel
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Autor
Barbara Stelzl-Marx
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78700-6
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
874
Kategorien
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