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Stalins Soldaten in Österreich - Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
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1. Der Wandel des Feindbildes: sowjetische Propaganda 85 chen und kämpfen. In diesem Falle löst sich die Armee auf.“79 Diese neuarti- gen Überlegungen waren unter anderem von der Notwendigkeit diktiert, in den Augen der westlichen Alliierten zivilisiert und würdig auszusehen, was für eine Beteiligung an der Gestaltung der europäischen Nachkriegsordnung unumgänglich schien. Nach der Konferenz von Jalta im Februar 1945, auf der die Aufteilung Deutschlands in Einflusssphären festgelegt wurde, standen neue ideelle und agitatorische Überlegungen im Vordergrund. Angesichts dieser veränderten Lage musste die gesamte Propagandamaschinerie umge- rüstet und ein neuer Schwerpunkt sowohl auf die Disziplin der Truppen als auch auf das Ideal des Internationalismus gelegt werden.80 Gegenüber der deutschen Bevölkerung sollte die Rote Armee nun ebenfalls die sowjetische Kultur mit ihren Errungenschaften propagieren und zugleich auf die deut- schen Verbrechen in der Sowjetunion hinweisen.81 In der politischen Schulung der sowjetischen Soldaten stand zwar nach wie vor die Niederwerfung des militärischen Gegners im Vordergrund, doch wurde nun in vielen Befehlen eine klare Unterscheidung zwischen den „deut- schen Faschisten“ auf der einen und dem „deutschen Volk“ auf der anderen Seite verlangt. Nicht nur in der Agitation, auch in der Praxis war fortan genau zu differenzieren.82 Die Akzente verschoben sich erneut zugunsten einer klas- senkämpferischen Rhetorik. In der Propaganda waren das „humanistische Prinzip“ und die Tradition des Internationalismus zu berücksichtigen. Den Politoffizieren fiel dabei die schwierige Aufgabe zu, den Truppen die richtige Kombination aus „Hass gegenüber dem Feind“ und „internationalen brü- derlichen Gefühlen gegenüber der befreiten proletarischen Bevölkerung“ zu vermitteln, wie der Politoffizier der 3. Ukrainischen Front, Aleksej S. Želtov, betonte.83 Nachdem der Roten Armee nun auch deutsche Zivilisten gegenüberstan- den, galt der Aufruf zur Vergeltung „Aug um Aug, Zahn um Zahn“ als nicht mehr zielführend, zumal der Führung die Kontrolle über die Truppen ent- glitt. Die Soldatenzeitung „Krasnaja Zvezda“ schlug in einem Leitartikel am 9. Februar 1945 Alarm. Vor allem die völlig unnötigen Verheerungen durch die Rote Armee in den von ihr besetzten Teilen Deutschlands sollten aufhö- ren: „Auge um Auge, Zahn um Zahn ist ein alter Spruch. Aber man muss ihn 79 Zit. nach: Gosztony, Die Rote Armee, S. 272. 80 Poljakov, Istoki narodnogo podviga, S. 18; Senjavskaja, Deutschland und die Deutschen, S. 258; Perepelicyn – Timofeeva, Das Deutschen-Bild in der sowjetischen Militärpropaganda, S. 282f. 81 RGASPI, F. 82, d. 2, op. 1162, S. 98–104, hier: S. 100, Bericht von Dimitrov und Panjuškin an Molotov und Malenkov über die Propaganda in Deutschland, 27.2.1945. 82 Gorjajewa, „Wenn morgen Krieg ist …“, S. 456. 83 Želtov, Političeskaja rabota, S. 20.
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Stalins Soldaten in Österreich Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Stalins Soldaten in Österreich
Untertitel
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Autor
Barbara Stelzl-Marx
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78700-6
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
874
Kategorien
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