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II. Kriegsende in
Österreich106
die deutschen Offiziere zu überwältigen.162 Für den neu ernannten Festungs-
kommandanten, General der Infanterie Rudolf von Bünau, hatten die Wider-
standskämpfer einen fingierten „Befehl zur Einstellung der Kampfhandlungen
in Wien“ vorbereitet, den dieser unterschreiben sollte.163 Wien sollte am 6. Ap-
ril um 12.30 Uhr den Sowjets übergeben werden.164 Als Antwort auf die roten
Leuchtkugeln feuerte die Widerstandsgruppe grüne Leuchtkugeln ab. Phase 1
von „Radetzky“ hatte begonnen.165
2.1.3 Einbindung der O5
Mehrfach finden sich in der sowjetischen Sekundärliteratur und in zeitgenös-
sischen Dokumenten166 Hinweise darauf, mit welcher Unterstützung Szokoll
beim Aufstand zu rechnen gehabt hätte, wobei die Angaben aus heutiger
Sicht kaum noch verifizierbar sind: Demnach ging die Gruppe um Szokoll
davon aus, dass sich zwei Reserve-Infanterie-Bataillone (hierbei dürfte es sich
um die Landesschützen-Bataillone I/17 und 866 handeln), eine Artilleriebat-
terie, Infanteriekräfte des Kroatischen Ersatz- und Ausbildungsregiments in
Stockerau sowie 1900 „österreichische“ Soldaten und 20.000 Wiener, davon
6000 bewaffnet, beteiligen würden.167
Mit der O5 stand Szokoll – zumindest indirekt – seit 1944 in Kontakt: Sein
Vertrauter, Oberleutnant Wolfgang Igler, traf sich etwa im September 1944
in der Wohnung von Alfons Stillfried mit Fritz Molden, um die Ausweitung
der Geheimorganisation auf Wehrmachtseinheiten zu besprechen. Gemein-
sam mit den Adjutanten Szokolls, Oberleutnant Otto Scholik, Oberleutnant
Rudolf Raschke und Hauptmann Alfred Huth, bildete Wolfgang Igler eine
kleine Verbindungsgruppe zur O5.168 Ende März 1945 gab Szokoll seinen Plan
162 CAMO, F. 243, op. 2912, d. 146, S. 118–120, Glagolev über den in Wien vorbereiteten Aufstand.
163 Fritz Molden, Die Feuer in der Nacht. Opfer und Sinn des österreichischen Widerstandes 1938–
1945. Wien – München 1988, S. 172–174; Portisch, Am Anfang war das Ende, S. 118–122.
164 Želanov, Vzaimodejstvie sil avstrijskogo dviženija soprotivlenija, S. 118; Szokoll, Die Rettung
Wiens, S. 339.
165 Szokoll, Die Rettung Wiens, S. 329f.
166 CAMO, F. 243, op. 2900, d. 2058a, S. 83–99, Schilderung der Kämpfe der 3. Ukrainischen Front wäh-
rend des „Kampfes um Wien“, nach dem 15.4.1945. Abgedruckt in: Karner – Stelzl-Marx – Tschu-
barjan, Die Rote Armee in Österreich, Dok. Nr. 7. Hierbei ist von zwei Reservebataillons, einer Ar-
tilleriebatterie, 1200 österreichischen Soldaten aus verschiedenen Einheiten und ungefähr 20.000
Wienern die Rede, die sich am Aufstand beteiligen wollten.
167 Želanov, Vzaimodejstvie sil avstrijskogo dviženija soprotivlenija, S. 118; Štemenko, General´nyj
štab v gody vojny, S. 360; Kobljakov et al., SSSR v bor’be za nezavisimost’, S. 77f. Rauchensteiner
konstatierte sicherlich zu Recht, dass besonders die Nennung von 20.000 Wienern eine nicht mehr
kontrollierbare Schätzung darstellt: Vgl. Rauchensteiner, Der Krieg in Österreich, S. 165, 415.
168 Luža, Der Widerstand in Österreich, S. 260f.; Molden, Fepolinski & Waschlapski, S. 285f.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918