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II. Kriegsende in
Österreich108
bei diesem Werk und der Major Sokol [sic!] suche nun die Verbindung mit
der O5 zu einer engen Zusammenarbeit aufzunehmen. Ich stellte sofort die
Verbindung zu unserem, inzwischen gebildeten Siebenerausschuss […] her
und wir begannen sofort, Hand in Hand mit Major Sokol [sic!] zu arbeiten.“173
Wie zuvor erwähnt, kann die angeblich von Marschall Tolbuchin – den
Käs und Reif ja gar nicht trafen – geforderte Mitwirkung der O5 durch die
nun zugänglichen sowjetischen Dokumente nicht bestätigt werden.174 Nicht
auszuschließen ist jedoch, dass Szokoll selbst gegenüber den Vertretern der
O5 auf diese Forderung Tolbuchins verwies, um die O5 leichter von einer
Zusammenarbeit überzeugen zu können.
Szokoll suchte gemäß seiner späteren Aussage gegenüber dem sowjeti-
schen Geheimdienst erstmals am 5. April den persönlichen Kontakt mit der
O5, da sich seine Organisation nicht in der Lage sah, den Befehl des sow-
jetischen Oberkommandos „aus eigenen Kräften“ zu erfüllen. Bumballa soll
daraufhin die Beteiligung von 5000 gut bewaffneten Soldaten und Offizieren
zugesagt haben.175
2.2 Verrat und Niederschlagung
In der Nacht zum 6. April kamen die Anführer des militärischen Wider-
standes im Wehrkreiskommando XVII zusammen, besprachen die letzten
Einzelheiten und beschlossen, am Freitag, dem 6. April, loszuschlagen. Um
Mitternacht verteilten sich die Anführer des geplanten Aufstandes, um an
ihre Gruppen letzte Befehle auszugeben.176 Szokoll selbst ging zunächst in die
Frankgasse 4, wo er den Vorsitzenden der O5, Bumballa, angeblich erstmals
persönlich traf. Er informierte Bumballa und andere führende Persönlichkei-
ten der zivilen O5 über die mit den Sowjets getroffenen Abmachungen und
den Zeitplan. Sie vereinbarten demnach, dass sich die O5 mit 5000 bewaff-
neten Soldaten und Offizieren am Unternehmen „Radetzky“ beteiligen wür-
de.177 Die militärische Alleinverantwortung wollte Szokoll nicht aus der Hand
173 CA FSB RF, K-109717, t. 3, S. 65f., Memorandum von Gustav Fraser an Aleksej Blagodatov betref-
fend seine „Tätigkeit für die Befreiung Wiens vom Naziterror“. Während in sowjetischen Doku-
menten und bei Rathkolb „Georg“ als Vorname Frasers angegeben wird, findet sich in der deutsch-
sprachigen Literatur üblicherweise „Gustav“.
174 CAMO, F. 243, op. 2912, d. 146, S. 118–120, Glagolev über den in Wien vorbereiteten Aufstand.
Bericht des Oberkommandierenden der 9. Garde-Armee an den Chef des Generalstabes der Roten
Armee über den in Wien vorbereiteten Aufstand, 5.4.1945.
175 CA FSB RF, K-109717, t. 3, S. 1–6, Verhörprotokoll von Carl Szokoll, 24.4.1945.
176 Luža, Der Widerstand in Österreich, S. 265; Portisch, Am Anfang war das Ende, S. 120.
177 CA FSB RF, K-109717, t. 3, S. 1–6, Verhörprotokoll von Carl Szokoll, 24.4.1945. Vgl. Molden, Die
Feuer in der Nacht, S. 174. In seinen Erinnerungen lässt Szokoll dieses Treffen mit Bumballa aus,
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918