Seite - 139 - in Stalins Soldaten in Österreich - Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
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3. Militärischer Vormarsch und Regierungsbildung 139
Graz-Eggenberg – Kalsdorf – Wildon – Leibnitz – Ehrenhausen vor, wo sie im
Süden auf die 1. Bulgarische Armee stieß. Nördlich von der 57. Armee ope-
rierte die 27. Armee, die am 9. Mai unter anderem Birkfeld, Weiz, Kleinsem-
mering und Gratwein einnahm324 und am 10. Mai ans Ostufer der Mur auf die
Linie Graz – Bruck vorrückte.325
In der Zeit vom 8. bis zum 11. Mai besetzten sowjetische Einheiten der 3.
Ukrainischen Front die Steiermark bis zur Enns im Raum Schladming, zo-
gen sich jedoch wieder etwas zurück. Sie drangen ferner in den Raum Köf-
lach, Voitsberg und Zeltweg vor, ehe sie in Judenburg auf britische Truppen
stießen. In Köflach inszenierten britische Vorauskommandos und Geheim-
dienstleute am 9. Mai ein Treffen mit den ersten sowjetischen Einheiten. Erst
am 15. Mai kamen die Briten mit ihren Einheiten in den Raum Köflach.326
Verbände der 1. Bulgarischen Armee, die im Rahmen der 3. Ukrainischen
Front kämpften, besetzten den Raum von Radkersburg über Wildon bis zur
Koralpe, wo sie sich mit jugoslawischen Partisanenverbänden mischten. Da-
bei kam es auch zu Mehrfachbesetzungen, wie etwa in Leibnitz: Hier stellten
Sowjets, Bulgaren und Jugoslawen abwechselnd den Ortskommandanten.327
Judenburg wurde als eine zwischen Sowjets und Briten geteilte Stadt zum
steirischen „Sonderfall“. Traurige Berühmtheit erlangte Judenburg aufgrund
der Auslieferung von rund 40.000 Kosaken durch die Briten an die Sowjets zu
Pfingsten 1945.328
Die Steiermark war von Mai bis Juli 1945 fünffach besetzt: Truppen der
US-amerikanischen 3. Armee waren von Oberösterreich und Salzburg aus bis
zur Enns,329 die Briten aus Kärnten ins obere Murtal und bis Köflach vorge-
stoßen. Die südlichen steirischen Bezirke besetzten Verbände der 1. Bulgari-
schen Armee und Tito-Partisanen, ohne dass man die Demarkationslinien zur
Roten Armee im Detail gezogen hätte. Der Großteil der Steiermark war aber
– vorerst – unter sowjetischer Kontrolle.330
neralmajor Georgij K. Cinev, über Graz, 12.5.1945. Abgedruckt in: Karner – Pickl, Die Rote Armee in
der Steiermark, Dok. Nr. 42.
324 CAMO, F. 243, op. 2900, d. 1905, S. 76–78, Bericht des Oberkommandierenden der 3. Ukrainischen
Front an die Stavka über den militärischen Vormarsch, 9.5.1945. Abgedruckt in: Institut Voennoj
Istorii, Krasnaja Armija v stranach Central’noj Evropy, S. 658f.
325 CAMO, F. 243, op. 2900, d. 2034, S. 85–92, Bericht über die Kampfhandlungen der 3. Ukrainischen
Front am 10.5.1945.
326 Karner, Die Steiermark im 20. Jahrhundert, S. 306; Petschnigg, Die Rote Armee in der Steiermark, S.
530.
327 Rauchensteiner, Der Sonderfall, S. 84f.; Petschnigg, Die Rote Armee in der Steiermark, S. 530.
328 Karner – Ruggenthaler, (Zwangs-)Repatriierungen sowjetischer Staatsbürger, S. 248–255.
329 Rauchensteiner, Der Sonderfall, S. 84.
330 Karner, Die Steiermark im Dritten Reich, S. 426f.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918