Seite - 158 - in Stalins Soldaten in Österreich - Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Bild der Seite - 158 -
Text der Seite - 158 -
III. Der sowjetische Besatzungsapparat: Struktur und
Funktion158
Auch mit Österreich befasste sich das ZK der VKP(b) bzw. der KPdSU
während der zehnjährigen Besatzungszeit – und darüber hinaus. In der Zeit
von 1945 bis 1952 entstanden mindestens 42 „Besondere“ und 90 „Gewöhnli-
che“ Politbürobeschlüsse, die zentrale Fragen der sowjetisch-österreichischen
Beziehungen regelten: angefangen von den Besatzungskosten und der Er-
nennung von Hochkommissaren und Politberatern über Direktiven zu den
Staatsvertragsverhandlungen und der Entsendung diverser Delegationen
nach Österreich bis hin zum Erholungsurlaub österreichischer KP-Funktio-
näre in der UdSSR. Von 1953 bis 1955 stand Österreich wenigstens 17-mal auf
der Tagesordnung des Präsidiums des ZK der KPdSU, das entsprechende Be-
schlüsse – etwa über die Einstellung der Tätigkeiten des Alliierten Rates oder
den Abzug der sowjetischen Truppen aus Österreich – fasste.
Parallel dazu erließ der Rat der Volkskommissare (ab 1946: Ministerrat),
d. h. die sowjetische Regierung, ab April 1945 rund 20 Beschlüsse und Anord-
nungen, die sich auf wirtschaftliche Fragen der Besatzung ebenso bezogen
wie unter anderem auf die Struktur des sowjetischen Besatzungsapparates in
Österreich.3
1.1 Von der Komintern zur Außenpolitischen Kommission
Im internationalen Bereich koordinierte die VKP(b) die Tätigkeit der anderen
kommunistischen Parteien zunächst über die „Kommunistische Internatio-
nale“ (Komintern) in Moskau. Oberster Ansprechpartner war – auch für die
österreichischen Exilkommunisten – Georgi M. Dimitrov, der spätere bulga-
rische Ministerpräsident. Am 15. Mai 1943, nur ein paar Monate nach Stalin-
grad, erfolgte die Auflösung der Komintern.4 Gegenüber Großbritannien und
den USA signalisierte diese „Geste des guten Willens“, dass die Sowjetunion
nicht vorhatte, die kommunistischen Parteien der verschiedenen Staaten nach
Kriegsende zu steuern.5
Als Nachfolgerin der Komintern übernahm die „Abteilung für internati-
onale Information“ (OMI), die Ende Dezember 1945 per Politbürobeschluss
in „Abteilung für Außenpolitik“ des ZK der VKP(b) umbenannt wurde, ihre
3 Eine Auflistung der Beschlüsse und Anordnungen des Rates der Volkskommissare bzw. des Mi-
nisterrates, der Politbürobeschlüsse des ZK der VKP(b) und der Beschlüsse des Präsidiums des ZK
der KPdSU findet sich im Anhang des Beitrages: Peter Ruggenthaler, Warum Österreich nicht sow-
jetisiert wurde, S. 711–725. Für die Eruierung der Beschlüsse im Rahmen des Projektes „Die Rote
Armee in Österreich“ sei zudem Frau Mag. Marina Astachova, Frau Mag. Elena Kirillova, Herrn Dr.
Nikita Petrov und Herrn Dr. Michail Prozumenščikov, alle Moskau, herzlich gedankt.
4 Werth, Russland im Krieg, S. 403.
5 Ebd., S. 431, 453f.
zurück zum
Buch Stalins Soldaten in Österreich - Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955"
Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918