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3. Die militärische Ebene: Armee und Kommandanturen 191
ringerung der Truppenkontingente, so Žukov, diene „als neuerliches Beispiel
für die friedliebende Politik der UdSSR“. Abschließend dankte er dem Mann-
schaftsstand „für die vorbildliche Erfüllung seiner militärischen Pflicht“.147
Am 8. August 1955 nahm das ZK zudem den Beschlussentwurf des Minister-
rates der UdSSR an. Dieser verpflichtete die zuständigen Ministerien für Kom-
munikationswege und Seestreitkräfte, die Verlegung der Truppen und des mili-
tärischen Gerätes aus Österreich bis 1. Oktober 1955 zu gewährleisten.148
Bereits im Vorfeld des Truppenabzuges verstärkte die Politverwaltung der
CGV ihre politisch-erzieherische Arbeit und ergriff diverse Maßnahmen „zur
Festigung der militärischen Disziplin des Mannschaftsstandes“. Als Grundla-
ge dienten die in der Direktive des Verteidigungsministeriums vom 28. April
1955 festgesetzten Regelungen zur Unterbindung von Übergriffen sowie zur
Instruierung der Soldaten „über die Notwendigkeit eines korrekten Verhält-
nisses zur österreichischen Bevölkerung“. Nicht nur die Soldaten selbst, son-
dern auch die in Österreich stationierten Familienmitglieder hatten politische
Schulungen zu ihrer „Erziehung im Sinne einer strengen Einhaltung der Ver-
haltensnormen gegenüber der österreichischen Bevölkerung“ zu durchlau-
fen, um die „Ehre und Würde sowjetischer Staatsbürger“ nicht – weiter – in
Verruf zu bringen. Offensichtlich befürchtete das Verteidigungsministerium,
der bevorstehende Abzug aus Österreich würde ein neuerliches Ansteigen
des „amoralischen Verhaltens“ nach sich ziehen.149
Tatsächlich ließ die Disziplin der sowjetischen Truppen mit der Unter-
zeichnung des Staatsvertrages nach. Als Reaktion darauf ließ die CGV ab Juni
1955 die „undiszipliniertesten Armeeangehörigen“ jeder einzelnen Einheit
vorzeitig in die Sowjetunion verbringen, weil „deren weiterer Aufenthalt in
Österreich unter den veränderten Bedingungen unzulässig“ gewesen wäre.
Diese Maßnahme betraf bis Anfang September 650 Soldaten und Unteroffi-
ziere sowie 49 Offiziere. Außerdem verurteilten sowjetische Militärtribunale
in der Zeit von Mai bis Juli 1955 insgesamt 70 Armeeangehörige wegen Dieb-
stahls, Ausschreitungen, Schlägereien oder Ungehorsams – beinahe doppelt
so viele wie im vorangegangenen Quartal.150
147 Ebd.
148 RGANI, F. 3, op. 10, d. 165, S. 5, 102, Beschluss des Präsidiums des ZK der KPdSU, den Be-
schlussentwurf des Ministerrates zum Abzug der sowjetischen Truppen aus Österreich zu bestä-
tigen, 8.8.1955. Abgedruckt in: Karner – Stelzl-Marx – Tschubarjan, Die Rote Armee in Österreich,
Dok. Nr. 186.
149 CAMO, F. 275, op. 140920s, d. 7, S. 2–6, Bericht der Politverwaltung der CGV über die Umsetzung
des Befehls vom 31. Juli 1955 zum Abzug der sowjetischen Truppen aus Österreich [nach dem
19.9.1955]. Abgedruckt in: Karner – Stelzl-Marx – Tschubarjan, Die Rote Armee in Österreich, Dok.
Nr. 187.
150 Ebd.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918