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4. Die Schattenebene: Geheimdienst und NKVD-Truppen 213
Spionagegruppen unter der Leitung von NKVD-Offizieren zum Einsatz, die
gezielte Suchaktionen nach „verbrecherischen Elementen“ durchführten.241
In der Steiermark konzentrierten sich die NKVD-Truppen unter anderem
auf die Festnahme von Angehörigen der „Werwolf“-Organisation, die von
Mitte April bis Anfang Mai 1945 in Admont eine „Aufklärungs- und Diversi-
onsschule“ zur Durchführung von „Diversions- und Terrorarbeit“ absolviert
hatten. Ihre Arbeit sollte sich, so ein NKVD-Bericht, „besonders aktiv gegen
für die Tätigkeit der Einheiten der Roten Armee existenzielle Objekte, wie
etwa Eisenbahntransporte, Nachrichtenzentralen, Straßen, Autogaragen,
Flughäfen, Industriesabotage usw.“ richten.242 Besonders gefürchtet waren
„Terrorakte gegen Angehörige der Roten Armee“ und die allgemein „zer-
setzende Tätigkeit“ dieser „Agenten, Diversanten und Terroristen“,243 die
aus sowjetischer Sicht selbst noch im Juli 1945 aktiv gewesen sein sollen.244
Insbesondere das 17. und 91. Grenzregiment nahmen die als „Diversanten
oder Terroristen“ bezeichneten Personen fest, teilweise auf gezielte Hinweise
aus der Bevölkerung hin. Mindestens 85 der steirischen „Werwölfe“ wurden
verurteilt.245
4.3.1 Kampf gegen Probleme in den eigenen Reihen
Neben diesen feindlichen Aktivitäten von außen hatte sich Pavlov den di-
versen Problemen mit sowjetischen Armeeangehörigen und „Vaterlands-
verrätern“ zu widmen: So käme es „noch immer vor, dass sich Angehörige
der Roten Armee illegal im Fronthinterland aufhalten und sich dabei der
Trunksucht hingeben, Erpressung und Bettelei betreiben“ würden. „Vater-
landsverräter“ würden sich Zivilkleider beschaffen und vorgeben, „von den
241 RGVA, F. 32900, op. 1, d. 245, S. 105–108, Bericht des Kommandanten des 336. Grenzregiments,
Oberstleutnant Martynov, an den Chef der NKVD-Truppen zum Schutz des Hinterlandes der 3.
Ukrainischen Front, Generalmajor Pavlov, über die operative Lage und Tätigkeit des Regiments,
4.6.1945. Abgedruckt in: Karner – Stelzl-Marx – Tschubarjan, Die Rote Armee in Österreich, Dok.
Nr. 83.
242 RGVA, F. 32902, op. 1, d. 104, S. 259f., Erklärung des Stabes des 17. Grenzregiments der NKVD-
Truppen zur operativ-geheimdienstlichen Tätigkeit des Regiments im Juni 1945, Juli 1945. Abge-
druckt in: Karner – Pickl, Die Rote Armee in der Steiermark, Dok. Nr. 100.
243 RGVA, F. 32900, op. 1, d. 211, S. 169–172, Arbeitsplan für die Verwaltung der NKVD-Truppen
zum Schutz des Hinterlandes der 3. Ukrainischen Front für Juli 1945, bestätigt vom stv. Leiter
der NKVD-Truppen zum Schutz des Hinterlandes der 3. Ukrainischen Front, Oberst Semenenko,
3.7.1945. Abgedruckt in: Karner – Pickl, Die Rote Armee in der Steiermark, Dok. Nr. 103.
244 RGVA, F. 32902, op. 1, d. 104, S. 272f., Bericht des stv. Stabschefs des 17. Grenzregiments, Haupt-
mann Alabušev, an den Chef der NKVD-Truppen zum Schutz des Hinterlandes der 3. Ukraini-
schen Front, Generalmajor Pavlov, über den Dienst des Regiments im Juli 1945, 30.7.1945. Abge-
druckt in: Pickl – Karner, Die sowjetische Steiermark, Dok. Nr. 126.
245 Knoll – Stelzl-Marx, Sowjetische Strafjustiz in Österreich, S. 300.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918