Seite - 282 - in Stalins Soldaten in Österreich - Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
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III. Der sowjetische Besatzungsapparat: Struktur und
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res entstanden 52 Filialen, 1951 stieg ihre Zahl auf 78,513 bis Ende 1952 auf
114,514 und 1955 waren es insgesamt bereits 126 Geschäfte. Außerdem gehörte
die Zentrale Handelsniederlassung zu dieser USIA-Abteilung für Einzelhan-
del.515 Grundlage für ihre Gründung war der Beschluss Nr. 3420–1435 des Mi-
nisterrates der UdSSR vom 13. August 1950.516 Über die Einzelhandelskette
beabsichtigten die Sowjets, sowohl den Handel der sowjetischen Betriebe in
Österreich anzukurbeln als auch der Kapitalknappheit in den USIA-Betrieben
gegenzusteuern. Dank „spezieller Genehmigungen“ der SČSK konnten sie
zollfrei Waren aus volksdemokratischen Ländern importieren und diese ge-
meinsam mit einem bedeutenden Teil der – zudem „schwer absetzbaren“517
– Produktion der USIA-Betriebe verkaufen. Letzteres bedeutete allein 1952
einen Umsatz von 500 Millionen Schilling.518 Im Jahr davor hatten die USIA-
Läden einen Umsatz von 228 Millionen Schilling erwirtschaftet, was einen
Gewinn von 16 Millionen Schilling oder 1,5 Prozent des Umsatzes der USIA
gebracht hatte.519
Da der außerhalb österreichischen Gewerberechts stehende Detailhandel
die einheimischen Steuer- und Zollbestimmungen größtenteils negierte,520
unterboten sie in mehreren Branchen empfindlich die Preise österreichischer
Geschäfte. Vor allem bei Spirituosen, Tabakwaren, Bettwäsche und auch bei
verschiedenen Lebensmitteln spürte der österreichische Handel die Konkur-
renz. Es entwickelte sich ein erbittert geführter Propagandakrieg. Während
die kommunistische Presse die Ladenkette als „Marshallhilfe des kleinen
Mannes“ bewarb, diffamierten die übrigen Medien einen entsprechenden
513 Klambauer, Staat im Staate, S. 319.
514 RGASPI, F. 17, op. 164, d. 212, S. 119–124, hier: S. 119, Bericht von A. Pavel’ev an G. Malenkov über
die Lage in der USIA, 10.2.1953; RGASPI, F. 17, op. 164, d. 212, S. 125–150, hier: S. 125, Informatio-
nen von P. Kulakov über die Lage in der USIA als Beilage des Berichts des MGK, 7.2.1953.
515 RGANI, F. 5, op. 28, d. 331, S. 329–333, hier: S. 329, Bericht von A. Kurmazenko über die USIA-
Betriebe, 25.11.1955. Abgedruckt in: Karner – Stelzl-Marx – Tschubarjan, Die Rote Armee in Öster-
reich, Dok. Nr. 116.
516 RGASPI, F. 17, op. 164, d. 208, Beschluss Nr. 3420-1435 des Rates der Volkskommissare der UdSSR,
Über die Errichtung einer Einzelhandelskette bei der USIA, 13.8.1950.
517 RGASPI, F. 82, op. 2, d. 117, S. 120f., hier: S. 120, Bericht an Molotov über die USIA-Betriebe in Ös-
terreich, 11.4.1952.
518 RGASPI, F. 17, op. 164, d. 212, S. 208–210, hier: S. 208, Bericht von Ja. Malik und V. Sergeev an G.
Malenkov über österreichische Repressionen gegenüber USIA-Geschäften, 19.2.1953.
519 RGASPI, F. 82, op. 2, d. 117, S. 120f., hier: S. 120, Bericht an Molotov über die USIA-Betriebe in Ös-
terreich, 11.4.1952.
520 Sowohl die USIA-Betriebe als auch die SMV beanspruchten „exterritoriale“ Rechte. Sie zahlten an
Österreich weder Ertrags- noch indirekte Steuern, wohl aber Lohnsteuer und Sozialversicherungs-
abgaben. Dabei betrieben die USIA-Läden eine besonders auffällige Form der Steuervermeidung,
was den Staatshaushalt belastete und die Konkurrenzfähigkeit verzerrte. Vgl. Seidel, Österreichs
Wirtschaft, S. 471.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918