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6. Das Wirtschaftsimperium 291
festgehalten. Gleichzeitig würde die USIA die sowjetischen Betriebe in Öster-
reich von „reaktionären Elementen“ säubern – „vorsichtig und schrittweise,
um keine unerwünschten Schwierigkeiten und Konflikte hervorzurufen“.
Demnach wurden 1952 von den „reaktionär eingestellten“ österreichischen
Mitarbeitern insgesamt 213 entlassen.552
Ein weiteres Problem stellte die geringe Arbeitsdisziplin unter den so-
wjetischen Arbeitern dar. Dies äußerte sich etwa darin, dass Vorgaben der
GUSIMZ nicht rechtzeitig in die Tat umgesetzt wurden. Außerdem gingen
manche freizügig mit ihren Pflichten um, kritisierte Sergeev. So fehlten in
den meisten Abteilungen der USIA Unterlagen über die Anwesenheit der
sowjetischen Mitarbeiter während der Dienstzeit. Diese hätten jedoch „eine
besondere Bedeutung unter den Arbeitsbedingungen im Ausland“. Folglich
entfernten sich manche Personen ohne Erlaubnis von ihrer Arbeit. Die Gene-
raldirektoren verbrachten nicht nur wenig Zeit in ihren Betrieben, sondern
hielten auch nur einen losen Kontakt mit den „örtlichen demokratischen ge-
sellschaftlichen Organisationen“, sprich mit der KPÖ. Insgesamt würde sich
die USIA nur langsam umorganisieren und die nötige Kontrolle ausüben,
übte ihr Chef Sergeev Selbstkritik.553
Das Ministerium für Staatskontrolle (MGK) kritisierte hingegen beinahe
zeitgleich, die USIA habe die ausländischen Mitarbeiter in leitender Position
nur unzureichend überprüft. Mindestens 59 der Österreicher in dieser Kate-
gorie hätten sich früher in „faschistischen Organisationen“ befunden und wä-
ren nun „gegenüber der Sowjetunion und der KPÖ feindlich eingestellt“.554
Zu ihnen zählte das MGK ehemalige NS-Sonderführer, Parteimitglieder und
sogar Mitarbeiter des amerikanischen Nachrichtendienstes CIC. Einige wären
„Reaktionäre und Saboteure“. Parallel dazu hätten sowjetische USIA-Mitar-
beiter gegen die Regeln bei Treffen mit Ausländern verstoßen.555
Das Personal wurde daher eigens geschult, um Staatsgeheimnisse zu be-
wahren und mit vertraulichen Dokumenten richtig umzugehen. Dies um-
fasste auch eine kritische Analyse ihrer Kontrolle über die Wirtschaft in der
sowjetischen Besatzungszone. Zur „Spezialvorbereitung“ der Mitarbeiter
gehörten zudem Besuche von Vorträgen über die „amerikanische ‚Hilfe‘ an
552 RGASPI, F. 17, op. 164, d. 212, S. 153–157, hier: S. 156f., Bericht von V. Sergeev an G. Malenkov über
die wirtschaftlichen Betriebe in Österreich, 17.2.1953.
553 RGASPI, F. 17, op. 164, d. 212, S. 172–207, hier: S. 206, Bericht von V. Sergeev über die Erfüllung der
Ministerratsbeschlüsse über die USIA [spätestens am 17.2.1953].
554 RGASPI, F. 17, op. 164, d. 212, S. 119–124, hier: S. 124, Bericht von A. Pavel’ev an G. Malenkov über
die Lage in der USIA, 10.2.1953.
555 RGASPI, F. 17, op. 164, d. 212, S. 125–150, hier: S. 149f., Informationen von P. Kulakov über die Lage
in der USIA als Beilage des Berichts des MGK, 7.2.1953.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Stalins Soldaten in Österreich
- Untertitel
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Autor
- Barbara Stelzl-Marx
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 874
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918