Seite - 24 - in Über die Produktion von Tönen - Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
Bild der Seite - 24 -
Text der Seite - 24 -
machen. Wie Klaus Nathaus zeigt, existierten allerdings verschiedene Geschäftsmo-
delle. In den USA wurde versucht, den Absatz der Partituren und Liedtexte durch
song plugging bei Musizierenden (erst bei AmateurInnen, später bei professionell
Auftretenden in Vergnügungslokalen) anzutreiben. In Deutschland und Österreich
hingegen dominierte das Modell der publisher- directors, bei dem die Verleger auch
Direktoren vor allem von Operntheatern waren und ihren Gewinn durch den Ver-
kauf ihrer selbst aufgeführten Stücke an andere Operntheater erzielten.22
Die starke zahlenmäßige Zunahme von Musikangebot und -nachfrage beruhte
unter anderem auch auf der Expansion musikalischer Ausbildung. Bereits im 18.
Jahr-
hundert waren sowohl die Nachfrage nach als auch das Angebot an PrivatlehrerInnen
für den Musikunterricht gestiegen,23 wobei die Qualität des Unterrichts – von der
Weitergabe elementarer Fähigkeiten innerhalb der Familie bis hin zum systema-
tischen Musikunterricht durch Virtuosen – stark schwankte. Daneben entstanden
im 19. Jahrhundert Musikschulen als private Einrichtungen zur Ausbildung von
AmateurInnen 24 und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Konservatorien
(später auch Akademien) zur Ausbildung von KünstlerInnen (was zumindest in den
Anfangszeiten sowohl AmateurInnen als auch jene, die Musizieren zum Beruf mach-
ten, beinhaltete).25 Die Zunahme an Ausbildungsformen führte sowohl im Bereich
der Unterhaltungsmusik als auch in der Kunst zu einer Zunahme des Angebots an
Musizierenden auf der einen Seite, des interessierten Publikums auf der anderen
Seite. Auch eine Form des Musizierens, die sich nicht an die breite Öffentlichkeit
wandte, die Salon- bzw. Hausmusik, erlangte dadurch große Verbreitung.26
Verstärkt wurde die Entwicklung der Musik für die Massen durch die zeitge-
nössisch als mechanische Musik bezeichneten Entwicklungen: Grammophon und
Schallplatte (in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts), das Radio (ab den frühen
1920er- Jahren als Massenmedium im Einsatz) und der Tonfilm (gegen Ende der
1920er- Jahre) ermöglichten durch die Möglichkeit, einen Auftritt bzw. eine Auf-
nahme unbegrenzt wiederzuverwenden, eine neue Qualität der Massenproduktion
von Musik. Daher verbindet Alfred Smudits den Begriff der Massenkultur bzw.
Kulturindustrie auch erst mit diesen Entwicklungen.27
kann: „Die Reproduktion wird kommerzialisiert und beginnt sich weniger nach dem künst-
lerischen Wert zu richten, als nach dem Kassenerfolg.“ (Wilzin, Musikstatistik, 62).
22 Nathaus, Popular Music, 757 – 761.
23 Heesch, Musikausbildung, 900.
24 Mehlig/Abel- Struth, Musikschule, 1610 f.
25 Fend/Noiray, Introduction, 9.
26 Vgl. Ballstaedt/Widmaier, Salonmusik.
27 Smudits, Soziologie, 244 f.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO. KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Differenzierungen von
Musizieren24
zurück zum
Buch Über die Produktion von Tönen - Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938"
Über die Produktion von Tönen
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Titel
- Über die Produktion von Tönen
- Untertitel
- Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Autor
- Georg Schinko
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20802-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 310
- Schlagwörter
- Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
- Kategorie
- Kunst und Kultur