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Über die Produktion von Tönen - Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
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ernähren wissen“, einen Erlaubnisschein für das Musizieren und Singen auf der Straße oder in Gasthäusern beantragen.97 Das Hofkanzleidekret von 1821 stellte aber eine gewisse Vereinheitlichung der bereits bestehenden Regelungen dar. Bestimmte Formen des Musizierens waren demnach nicht redlicher Erwerb, sondern Bette- lei. Diese Kategorisierung  – Bettelmusizieren als unredlicher Erwerb und dessen Erlaubnis nur bei Arbeitsunfähigkeit  – diente im Laufe des nächsten Jahrhunderts als Referenz für den Umgang der mit Bettelmusiklizenzen befassten Behörden.98 Die InhaberInnen von Bettelmusiklizenzen standen  – entsprechend auch den einleiten- den Worten des Hofkanzleidekretes  – stets unter dem Verdacht, nicht zu arbeiten, obwohl sie arbeiten hätten können, d. h. die behördlichen Bestimmungen zu hin- tergehen. Dementsprechend zahlreich waren auch die Forderungen an Behörden, keine Bettel musiklizenzen zu vergeben bzw. die Vergabe nur im äußersten Notfall durchzuführen. Die fortschreitende Etablierung einer staatlichen Armenversorgung folgte einer anderen Logik als die Vergabe von Lizenzen an jene, die sich anders nicht erhalten konnten, und geriet immer wieder in Konflikt damit.99 Dennoch blieben die Lizenzen für Bettelmusik über ein Jahrhundert lang bestehen. Neben der Wahrnehmung einer langen Tradition von Musizieren als Not- Unterhalt 100 durch die Bevölkerung dürfte dafür auch die Position der lokalen Behörden wie 97 Gebhardt, Rechtsstellung, 30. 98 Vgl. z. B. Oberösterreichisches Landesarchiv, BH Freistadt, 1935/Schachtel 580, BH Freistadt, Schreiben an alle Gemeindeämter und Gendarmerieposten vom 12.  Mai 1933, Zl.  188/X-29. „Nach dem H. K. Dekret vom 29. 5. 1821 Zl 14617 kommen solche Bewilligungen überhaupt nur ausnahmsweise in Frage; zwei wichtige und ganz unerläßliche Voraussetzungen sind dabei: Die bewerbende Person muß zu jedem anderen Erwerb durchaus unfähig und zur Auf- nahme in eine Versorgungsanstalt entweder nach den Satzungen dieser Anstalt oder darum ungeeignet sein, weil sie für eigene unmündige Kinder zu sorgen hat. Es ist also z. B. nicht angängig, daß sich Personen um eine Bettelmusik- Erlaubnis bloß darum bewerben, weil sie arbeitslos, ausgesteuert oder bloß kränklich sind.“; Mischler/Ulbrich (Hg.), Staatswörterbuch, 886: „Bettelmusiklicenzen sollen in der Regel nicht ertheilt werden. Ausnahmen sind bloß zulässig hinsichtlich Personen, welche von Natur zu jedem anderen Gewerbe unfähig sind und eine anderweitige Versorgung nicht finden.“ 99 Vgl. dazu auch eine Eingabe des Verbandes der Straßenmusikanten: „Die Armenfürsorge  […] hat sich in zwei verschiedene Richtungen entwickelt: Für den grösseren Teil wurden aus öffent- lichen Mitteln Anstalten errichtet und erhalten (Armenhäuser) und für den übrig bleibenden Teil, welcher in diesen Anstalten keine Aufnahme mehr finden konnte, wurde die Fürsorge in der Weise getätigt, dass sie, mit steuerfreien Lizenzen versehen, durch die Behörden ermächtigt wurden, ihren Lebensunterhalt durch Anrufung der öffentlichen Wohltätigkeit zu fristen.“ (Österreichisches Staatsarchiv, AdR, Bundeskanzleramt/Ministerium für Inneres, Schaustel- lungen etc., 1922, Zl.  33.712, Reichsverband der Strassenmusiker Österreichs, Schreiben an das Staatsamt für soziale Verwaltung). 100 Vgl. Salmen, Beruf, 85 ff. Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO. KG, WIEN KÖLN WEIMAR Differenzierungen von Musizieren42
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Über die Produktion von Tönen Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
Titel
Über die Produktion von Tönen
Untertitel
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
Autor
Georg Schinko
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20802-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
Kategorie
Kunst und Kultur
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