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Über die Produktion von Tönen - Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
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Bürgermeister und Dorfpolizei relevant gewesen sein, die froh waren, die Kosten der Fürsorge für bedürftige Heimatberechtigte zu senken und an ihre Stelle die ‚Wohltätigkeit‘ der lokalen Bevölkerung zu setzen.101 Um welche Art von Musizieren es sich bei dieser Nicht- Arbeit handelte, wurde nur vereinzelt konkretisiert. So findet sich etwa im Staatswörterbuch von 1895 fol- gende Definition: „Bettelmusikanten sind jene Musikanten, die gewöhnlich nur einzelne Stücke zu spielen imstande oder gar keines Instrumentes kundig sind, und nur ein Werkel (Drehorgel) oder einen Schaukasten haben und dafür freiwillige Geschenke erhalten.“ 102 Es waren MusikantInnen, die anscheinend nicht musizie- ren konnten und daher auch keine produktive Gegenleistung für den erhaltenen Verdienst boten, der so in Wirklichkeit zum Geschenk wurde. Die ‚Produktivität‘, d. h. die Produktion eines Gegenwertes für Geld, wurde so zum zentralen Krite- rium für den Arbeitscharakter von Musizieren. Man kann an diesen Konflikten also eine der zeitgenössischen Definitionen von Arbeit ablesen. Die Behörden dürften bei dem Versuch, den Gegenwert von Musizieren zu beurteilen, allerdings immer wieder auf Schwierigkeiten gestoßen sein. In der behördlichen Praxis der Vergabe wurden die Grenzen zwischen dem oben definierten Bettelmusizieren und anderen Musizierpraktiken immer wieder verwischt. So wurde etwa das Kriterium der Unfähigkeit zu einem anderen Erwerb auch in der Vergabe von Produktions- lizenzen 103 angewandt.104 101 Zwittkovits, Pflege, 417. 102 Mischler/Ulbrich (Hg.), Staatswörterbuch, 886. 103 Produktionslizenzen gingen auf ein Hofkanzleidekret von 1836 zurück, welches die polizei- liche Überwachung von „Schauspieler- Truppen, Seiltänzer[n], gymnastische[n] Künstler[n], herumziehende[n] Musikbanden oder Eigenthümer[n] sonstiger Schaugegenstände aller Art“ begründete (Grundsätze hinsichtlich der polizeylichen Ueberwachung herumziehender Schauspieler- Truppen, Seiltänzer, gymnastischer Künstler, Musikanten ec. vom 6.  Jänner 1836, RGBl Nr.  5, 1). Produktionslizenzen erlaubten die Aufführung öffentlicher Belustigungen und wurden sowohl zur selbstständigen Darbietung von Musik, Schauspiel etc. (vor allem außerhalb von Wien) als auch für die Tätigkeit als künstlerischer Leiter etwa in Varietés oder Revuen (vor allem in Wien) vergeben. 104 So etwa Mischler/Ulbrich (Hg.), Staatswörterbuch, 886: „… sind die Licenzen  […] für herumz iehende Musikanten  […] an Personen, welche sich durch einen anderen ordent- lichen Erwerb ihre Subsistenz sichern können, nicht zu ertheilen.“; Ein Antragssteller auf eine Produktionslizenz wurde abgelehnt, da er „erst 28  Jahre alt ist, hiemit noch Zeit und Möglichkeit hat, einen anderen Beruf sich zu wählen“ (Österreichisches Staatsarchiv, AdR, Bundeskanzleramt/Ministerium für Inneres, Schaustellungen etc., 1921, Zl.  148.598, Altmann Hans  – Produktionslizenz  – Ministerialrekurs); Ein anderer wurde abgewiesen, „da er voll- kommen arbeitsfähig ist und auch eine andere Beschäftigung ergreifen kann.“ (Österreichi- sches Staatsarchiv, AdR, Bundeskanzleramt/Ministerium für Inneres, Schaustellungen etc., 1922, Zl.  12.316, Krösselhuber Max  – Produktionslizenz). Differenzierungen und Konflikte 1918 – 1938 43
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Über die Produktion von Tönen Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
Titel
Über die Produktion von Tönen
Untertitel
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
Autor
Georg Schinko
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20802-0
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
Kategorie
Kunst und Kultur
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