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in Form anekdotischer Erzählungen zu finden sind. Doch auch hier beziehen sich
die Entgelte zu den verschiedenen Zeitpunkten jeweils auf Musizierformen und
Rahmenbedingungen, die zu unterschiedlich sind, um eine jährliche Entwicklung
des Verdienstes für Musizieren in der Zwischenkriegszeit abzubilden
– vom Fehlen
periodischer Veröffentlichungen der Stellenvermittlungs- oder Kollektivvertrags-
tarife einmal abgesehen. Beschreibbar sind hingegen die Differenzierungen zwischen
Musizierformen zu jeweils einem bestimmten Zeitpunkt. Eine erste verbindliche
Festlegung von Minimaltarifen erfolgte 1906 für die Stellenvermittlung des Musiker-
verbandes (siehe Abbildung 1).235
Konzert (bis zu fünf Stunden) unter der Woche 5 – 6 Kronen
Konzert (bis zu fünf Stunden) am Wochenende 6 – 7 Kronen
Bühnenmusik hinter der Szene 3 Kronen
phonografische Aufnahme für drei Stunden 9 Kronen
Abbildung 1: Tarife der Stellenvermittlung des Musikerverbandes 1906
Die Tarifbestimmungen sind hier auch insofern interessant, als zwar zwischen
Kirchen diensten, Platzmusiken, Begräbnismusiken etc. unterschieden wurde, im
Gegensatz zu späteren Jahren jedoch keinerlei inhaltliche Differenzierungen etwa
zwischen Musizieren im Kaffeehaus, im Varieté oder im Konzertsaal, zwischen
Kunstmusik und Jazz etc. gemacht wurden – wohl vor allem deshalb, weil sich der
Musikerverband damals noch vor allem als Vertretung der OrchestermusikerInnen
verstand und viele der hier genannten Musizierformen von ihm noch nicht vertre-
ten wurden. Unter dieser Annahme zeigen die genannten Mindesttarife bereits eine
Hierarchisierung in der aufsteigenden Reihenfolge Bühnenmusik (d. h. Funktions-
musik) – Konzertmusik (d. h. autonome Musik) – mechanische Musik an.
Die chronologisch nächste Quelle für die Löhne mehrerer Musizierformen ist
der zwischen dem Musikerverband und dem Verein der Vergnügungsetablissement-
besitzer 1920/21 abgeschlossene Tarifvertrag (siehe Abbildung 2).236 Anders als bei
den zuvor erwähnten Tarifen der Stellenvermittlung handelte es sich dabei nicht
um Löhne für Musizieren in Konzertsälen oder Theatern, sondern für das Auftreten
in Kaffeehäusern, Bars, Varietés etc.
235 Österreichische Musiker- Zeitung (1906), Nr. 43, 277 – 278.
236 Das Konzertlokal (1921), Nr. 8, 34 – 35; Das Konzertlokal (1921), Nr. 9, 39.
Differenzierungen und Konflikte 1918 – 1938 69
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Über die Produktion von Tönen
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Titel
- Über die Produktion von Tönen
- Untertitel
- Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Autor
- Georg Schinko
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20802-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 310
- Schlagwörter
- Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
- Kategorie
- Kunst und Kultur