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richt et al. 2019) macht den Klimawandel für uns Menschen
direkt erlebbar.
Trotz der globalen Erwärmung wird es auch in Zukunft
immer wieder kühle oder verregnete Sommer geben oder
schneereiche Winter mit lang anhaltenden Kältewellen
(siehe hierzu auch Abschn. 2.2.2 Zukünftiges Klima). Selbst
die Abfolge von mehreren Jahren mit ungewöhnlich nied-
rigen Temperaturen in einer Jahreszeit ist möglich, da die
natürlichen dekadischen Schwankungen den Klimawandel
überlagern können. Der vom Menschen verursachte lang-
fristige Klimawandel setzt sich dennoch weiter fort. Das
beobachtete Klima ergibt sich aus der Überlagerung von
natürlichen Schwankungen und dem anthropogenen Klima-
wandel. Auch wenn die dekadischen Schwankungen den
Klimawandel teilweise überdecken, können sie bei einer
positiven Überlagerung zu neuen Extremen und Ausprägun-
gen der Witterung führen, die bisher noch nicht beobachtet
wurden.
Generell beeinflusst der vom Menschen verursachte
Landnutzungswandel, besonders im städtischen Bereich
den Energie- und Stoffaustausch zwischen Boden, Was-
ser, Bio- und Atmosphäre (Auer et al. 1989; Zebisch et al.
2018). So werden dort die Straßen und Gebäude durch
die Sonnenenergie stark erwärmt. Diese speichern die
Wärmeenergie während des Tages und geben sie in der
Nacht wieder ab (Žuvela-Aloise et al. 2018). Dieser Effekt
erzeugt die sogenannte städtische Wärmeinsel und führt
dazu, dass in windschwachen, wolkenlosen Nächten die
Temperatur innerhalb der Stadt um mehrere Grad wärmer
ist als im nichtverbauten Umland (Böhm 1979; Trimmel
et al. 2019). Dies ist besonders während sommerlicher
Hitzewellen ein Problem, da hier in Städten teilweise die
Temperatur in der Nacht nicht mehr unter 20 °C absinkt.
Dadurch werden die Erholungsphasen vom Hitzestress für
den Menschen immer kürzer und auch das Kühlen der Ge-
bäude durch nächtliches Lüften weniger effizient (APCC
2018). Da der Prozess der Urbanisierung mit anhaltendem
Wachstum städtischen Lebensraums in Österreich weiter
voranschreitet, werden in Zukunft mehr Menschen vom
Effekt der städtischen Wärmeinsel betroffen sein und die-
ser Effekt wird sich weiter intensivieren (APCC 2018).
In Kombination mit dem Temperaturanstieg durch den
Klimawandel wird dies zu einer massiven Zunahme der
Hitzebelastung in unseren Städten führen und sicherlich
auch den Städtetourismus beeinflussen (Trimmel et al.
2019). 2.2 Klimawandel – speziell bezogen
auf Österreich
2.2.1 Vergangenes Klima
Lufttemperatur und Luftdruck
Die Aussagen über das vergangene Klima in Österreich
beziehen sich auf die instrumentelle Periode der letzten
130–250 Jahre und die für den Tourismus relevanten me-
teorologischen Größen. Für die Zeit davor und für weitere
meteorologische Größen können die Daten bei Auer et al.
(2014) nachgelesen werden.
Seit der vorindustriellen Zeit ist die mittlere jährliche Luft-
temperatur im Tiefland Österreichs um 1,8 °C angestiegen
(1989–2018 vs. 1850–1900), d. h. etwa doppelt so stark wie
im globalen Mittel (Abb. 2.1 und ZAMG 2020b; APCC 2014)
und 20 % über dem Anstieg der mittleren Lufttemperatur von
1,5 °C über den globalen Landflächen (IPCC 2019a). Ein
Großteil dieser Erwärmung fand in den letzten vier Dekaden
seit 1980 mit einer enormen Rate von fast 0,5 °C pro Dekade
statt. Die Hauptursache für die im Vergleich zum globalen
Mittel stärkere Temperaturzunahme ist raschere Erwärmung
der Luft über Landflächen gegenüber der über thermisch trä-
geren Ozeanen (FAQ 2.1, Figure 2 in Hartmann et al. 2013;
IPCC 2019a), aber auch der Einfluss gestiegener bodennaher
solarer Einstrahlung seit den 1980er-Jahren spielt höchstwahr-
scheinlich eine wichtige Rolle (Scherrer und Begert 2019).
Ob dieser Anstieg vorwiegend auf abnehmende Aerosolekon-
zentrationen in der Luft („global brightening“ s. u.) oder auch
auf abnehmende Bewölkung infolge des eventuell nordwärts
verlagerten subtropischen Hochdruckgürtels zurückzuführen
ist, wird in der Fachliteratur noch diskutiert. Letzteres würde
die beobachtete gemeinsame Zunahme von Luftdruck und
Sonnenschein bis ca. zum Jahr 1990 erklären (siehe Abschn.
Sonnenschein und Auer et al. 2007, 2009), nicht aber die
markante Trendumkehr des Luftdrucks um 1990 bei nach wie
vor steigenden Werten der Sonnenscheindauer (Auer et al.
2014). Trends aus vorhandenen homogenisierten direkten
Beobachtungen der Bewölkungsmenge bis 2012 liefern kein
eindeutiges Indiz zu dieser Fragestellung (Auer et al. 2014).
Die Erwärmungsphase des frühen 20. Jahrhunderts wird als
Übergang vom natürlichen Klima, in dem für den Strahlungs-
antrieb solare und vulkanische Einflüsse praktisch allein aus-
schlaggebend waren, zum menschlich beeinflussten Klima
mit einsetzendem anthropogenen Treibhauseffekt gesehen
(Auer et al. 2014; Abb. 2.2). Die Abkühlung nach der Jahr-
hundertmitte in den Jahrzehnten des Wirtschaftswachstums
ist durch den Effekt des anthropogenen Aerosolausstoßes2,
hauptsächlich von Sulfat aus der Verbrennung von Kohle und
Erdöl, verursacht, indem die Aerosole (Luftpartikel) die am
Erdboden eintreffende Sonnenstrahlung durch Absorption
2 Aerosole sind feine Partikel in der Luft.
Klimatologische
Rahmenbedingungen22
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263