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Massenverluste durch z. B. Abdeckvliese wurden ausgiebig
getestet, wissenschaftlich bewertet (Olefs und Obleitner
2007; Olefs und Fischer 2008; Olefs und Lehning 2010) und
werden seitdem angewendet. Aufgrund des hohen Material-
und Personalaufwandes bleiben diese Eingriffe jedoch auf
neuralgische Stellen der Skigebiete beschränkt. Nachweisbar
ist auch ein langfristig positiver Effekt auf die lokale Massen-
bilanz dieser Gletscher zehn Jahre nach Beginn der ersten
Maßnahmen (Fischer et al. 2016).
Boden, der im Untergrund über mindestens zwei Jahre hin-
weg gefroren bleibt, wird als Permafrost bezeichnet. Dabei
wird zwischen eisarmem (kontrolliert durch thermische Pro-
zesse) und eisreichem Permafrost (kontrolliert durch Massen-
ablagerungen, z. B. Blockgletscher) unterschieden. Das Auf-
treten von eisarmem Permafrost zeigt eine starke Korrelation
mit der Seehöhe (als Proxy für die Jahresmitteltemperatur) und
Sonneneinstrahlung, während eisreicher Permafrost an das
Vorhandensein entsprechender gravitativer Massenablagerun-
gen gebunden ist (Kenner et al. 2019). Die Messung von Per-
mafrost erfolgt mittels Temperatursensoren in unterschiedlich
tiefen, vertikalen Bohrlöchern. Die längste europäische Mess-
reihe startete erst 1987 (Haeberli und Beniston 1998), deutlich
später als bei allen anderen hier untersuchten Größen. Diese
und andere Reihen zeigen einen klaren langfristigen Erwär-
mungstrend und eine Vergrößerung der oberflächennahen Auf-
tauschicht (Noetzli et al. 2016), dies zeigt sich auch klar auf
globaler Skala (Biskaborn et al. 2019). In Österreich beginnen
derartige Messungen erst im Jahr 2006 im Sonnblickgebiet,
was für Trendanalysen noch zu kurz ist (Schöner et al. 2012).
Sowohl Gletscher- als auch Permafrostrückgang haben
diverse negative Auswirkungen auf die alpine Infrastruktur
(z. B. hoch gelegene Skigebiete oder Verkehrswege) und den
Alpinismus (s. Abschn. 7.3.2)4.
Temperaturen von Oberflächen-
und Fließgewässern
Matulla et al. (2018a) zeigen, dass die Temperaturen österrei-
chischer Seen seit Beginn der 1980er-Jahre im Sommer um
ca. 2 °C gestiegen sind, im Herbst ist die Erwärmung in etwa
halb so stark. Die Studie basiert auf Beobachtungsdaten von
Wassertemperaturen zwölf österreichischer Seen seit 1950.
Die Daten wurden homogenisiert und bis ins Jahr 1880 re-
konstruiert. Auch die Temperaturen der österreichischen Fließ-
gewässer sind seit Beginn des 20. Jahrhunderts signifikant ge-
stiegen (Blöschl et al. 2011), wie u. a. an mehreren Messstellen
der Donau nachgewiesen wurde (Dokulil und Donabaum 2014;
BMLRT 2019). Daraus ergeben sich Auswirkungen auf die
Fischfauna und entsprechenden Tourismus (s. Abschn. 7.3.2).
4 Eine alpenweite Karte mit der derzeitigen Auftrittswahrscheinlichkeit
von Permafrost ist verfügbar (Boeckli et al. 2012; https://www.geo.uzh.
ch/microsite/cryodata/PF_map_explanation.html), eine methodisch ak-
tualisierte Karte ist derzeit leider nur für die Schweiz vorhanden (Kenner
et al. 2019 bzw. https://map.geo.admin.ch). Klimatische Wasserbilanz
Die klimatische Wasserbilanz ergibt sich aus der Differenz
des Niederschlags und der potenziellen Evapotranspiration
(Verdunstung) und hat direkte Auswirkungen auf die Boden-
feuchte. Sie spielt daher insbesondere für die Landwirtschaft
eine wichtige Rolle. Aufgrund der aktuellen klimatischen Ver-
teilung von Niederschlag und Verdunstung sind in Österreich
vor allem Gebiete der pannonischen Tiefebene im Norden und
Osten des Landes im Sommerhalbjahr von trockeneren Ver-
hältnissen stärker betroffen als der Rest des Landes (geringe
Niederschläge, hohe Verdunstung; Reniu 2017). Neben den
Wetterlagen und der Verdunstung sind auch die Vorbedingun-
gen, also die Bodenfeuchte im Frühjahr für die Ausbildung
einer evtl. Dürre später im Jahr verantwortlich (Haslinger
et al. 2019). Langfristig hat sich die klimatische Wasserbilanz
in der Vergangenheit vor allem in den letzten Dekaden und in
tiefen Lagen der warmen Jahreszeit aufgrund der temperatur-
und strahlungsbedingt gestiegenen Verdunstung und dadurch
abnehmenden Bodenfeuchte in Richtung trockenerer Verhält-
nisse verschoben (Haslinger und Bartsch 2016; Trnka et al.
2016; Haslinger et al. 2019). Probleme ergeben sich für den
Golftourismus und Wassersport (s. Abschn. 7.3.2).
Abfluss
In den letzten 30 Jahren haben in etwa 20 % der Einzugsge-
biete in Österreich die Hochwässer zugenommen (im Winter
deutlich stärker als im Sommer), besonders in kleinen Gebie-
ten nördlich des Alpenhauptkammes. Die Häufung der Hoch-
wässer in den letzten Jahrzehnten liegt dabei im Rahmen der
natürlichen Variabilität, aber auch ein Einfluss einer Klima-
änderung ist nicht auszuschließen (Blöschl et al. 2011, 2017;
BMLFUW 2017). In den alpinen Gebieten Österreichs treten
die Niederwässer im Winter zufolge Schnee bzw. Gefrier-
prozesse auf, im Flachland des Ostens im Sommer zufolge
Verdunstung. In den meisten Pegeleinzugsgebieten gibt es in
den letzten 30 Jahren keinen signifikanten Trend der Niedrig-
wasserabflüsse, über 900 m Seehöhe in 14 % bzw. 3 % der
Gebiete eine Zu- bzw. Abnahme, unterhalb 900 m Seehöhe in
10 % bzw. 5 % der Einzugsgebiete eine Ab- bzw. Zunahme.
Sonstige touristisch relevante Klimafolgen
Grundsätzlich beeinflusst die Klimavariabilität die Wasser-
qualität durch die Temperatur sowie das Wasserdargebot. In
der Vergangenheit erfolgten die anthropogenen Einflüsse auf
die Qualität von Wasserkörpern (Verschmutzung und Sanie-
rung) wesentlich rascher, als sich klimatische Rahmenbedin-
gungen verändert haben (Blöschl et al. 2011).
2.2.2 Zukünftiges Klima
Um der Gesellschaft informierte Entscheidungen zu er-
möglichen, verlangt das aus der Umweltethik stammende
Klimatologische
Rahmenbedingungen28
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263